4 2 | 2024SCHWERPUNKT: ALTER„Was bedeuten Ihnen die Eltern?“Was ist FC?FC heißt Facilitated Communicationund bedeutetgestützte Kommunikation.Ende der 1970er Jahre entwickeltedie AustralierinRosemary Crossley eineMethode, die bei Menschenmit Autismus-Spektrum-Störungen sowie bei Menschenmit Handlungsstörungenoder Kommunikationsbeeinträchtigungeneingesetzt werden kann.Zur Kommunikation dienteine Tastatur oder eineBuchstabentafel auf derdurch Antippen Wörter undSätze gebildet werden.Eine dafür geschulte Personstützt dabei die Hand.Ohne diese Hilfe wäre dasSchreiben nicht möglich.Kritiker von FC weisen aufdie Gefahr der Manipulationhin. Aber manchmal isteine schlechte Methodebesser als keine.Eltern spielen in der Regel für alle Menschen eine besondere Rolle: so auch für Menschen mit geistigenEinschränkungen. Einige geben Antwort auf die Frage „Was bedeuten Ihnen die Eltern?“.Manche antworten mit Hilfe von Facilitated Communication, FC (s. linke Spalte). Alle richtigen Namensind der Redaktion bekannt.Die„Frage stellte Elke Schätzle, UK-Beauftragte Liebenau TeilhabeMeine Eltern sindmeine Bezugspersonen,die sich ummich kümmern. Ich geheregelmäßig heim oder siekommen mich besuchen.Sie reden auch mitmeinem Chef. Sie sindwichtiger als die Mitarbeiter,aber die Mitarbeitersind auch wichtig.Lena S. mündlich,ca. 30 JahreSCHWERPUNKT: ALTERDie eigenen Geschwister erhalten im Alter neue BedeutungMit Geschwistern ist man zeitlebensverbunden – in schlechtenund in guten Zeiten. IrmgardWeiland berichtet.Wir sind ein Quartett und wirverstehen uns gut und sind dochverschiedener Meinung. Jederführt sein eigenes Leben, meistertden eigenen Alltag. Ich bindie Älteste von uns. MeineSchwester Brunhilde ist drei,mein Bruder Adelbert neunJahre jünger und das NesthäkchenSiegfried ist sage undschreibe 17 Jahre jünger. Es gabmanchmal Dinge, da waren wiranderer Meinung. Als Kinderund Jugendliche haben wir unsoft gestritten wegen Kleinigkeiten.Später haben wir gemerkt,Viel, alles, ohne gehtnet. Ich liebe meineMama sehr. Christof Z.mit FC, 37 Jahredass es nicht gut ist. Und wirhaben uns ausgesprochen. Seitjeder seinen eigenen Weg geht,können wir uns besser verstehenund akzeptieren.Seit ich in Tettnang wohne, sehenmich meine Geschwistermit anderen Augen und nehmenmich wahr als die, die ich bin.Wir haben schon ein paar Festemiteinander gefeiert. 2022 habeich im Gasthaus in Tettnangmeinen 65. Geburtstag nachgefeiertmit Freunden und Geschwistern.Da lernte ich Karin,die neue Liebe und Freundin vonmeinem Bruder Siegfried, kennen.Wir verstanden uns auf Anhieb.Sie haben mir damals einenReisegutschein geschenkt.Seitdem fahren sie einmal imAls meine Mama gestorbenist, war ich sehr traurig.Manchmal hat siemich in den Kellergesperrt. Das warschlimm. Karin L. imGespräch, 58 JahreIst sehr wichtig. MeineMama ganz besonders.Fred W. mit FC, ca. 40 JahreJahr mit mir weg. Ich darf dieReiseziele aussuchen. Wir warenschon in Bregenz und Hagnau.Dieses Jahr waren wir am12. Oktober in Lindau. Ich hatteden Rollstuhl dabei. Die beidenhaben mich um die Insel geschoben.Wir haben Fotos gemachtvom Löwen, Schaufenstergebummelt und zusammenMittag gegessen. Es war zwarkalt, aber wunderschön.Text: Irmgard Weiland wuchsmit drei Geschwistern aufeinem Bauernhof im LandkreisRavensburg auf und lebt heutein ihrer Wohnung in Tettnang.Fachkräfte der StiftungLiebenau begleiten sieFoto: Karin KohlerMeine Mutter besuchtemich immer (im Josefshausin Liebenau; Anm.Redaktion) und hat michnur ausgeschimpft. Jetztist sie tot und das istokay für mich. Klaus D.,80 Jahre (Auszug aus demBuch: So vieles, was meinHerz bewegt)Sehr! Meine Mamabedeutet mir alles! Binsehr zufrieden. Und Papakümmert sich auch superum mich. Ist alles okay.Marina F. mit FC, 25 JahreManchmal erfährt die Geschwisterbeziehungim Laufe des Lebens eineneue wichtige Bedeutung so wie fürIrmgard und Siegfried Weiland.„
2 | 2024 5SCHWERPUNKT: ALTER5 mal 5 ...?SCHWERPUNKT: ALTERSie kam und bliebMarianne Maier lebt seit 27Jahren im Rahmen des „BetreutenWohnen in Familien(BWF)“ der Stiftung Liebenaubeim Ehepaar Heidi und FritzSchmelzer. Alle drei sind heuteMitte 70 und gemeinsam ältergeworden.„Marianne, du?“, rief HeidiSchmelzer erstaunt an der Tür.Als wäre es gestern gewesen,schildert sie, wie die damals48-Jährige mit der Betreuerinder Stiftung Liebenau vor derTür stand, um sich bei der Familieals neues potenzielles Mitgliedvorzustellen. „Sie strahltewie ein Honigkuchenpferd.“ DieFrau wollte das Leben im Heimunbedingt mit dem Leben in einerFamilie tauschen. Das „BetreuteWohnen in Familien“(BWF) gab ihr die Chance. DieSchmelzers kannten die „Bewerberin“schon etwas. Sie arbeitetein der Küche der StiftungLiebenau, wo Fritz Schmelzerzu der Zeit Küchenchef war.Rasch folgte das Probewohnen,was Marianne Maier gar nichtpasste. „Da war sie sehr bockig“,schmunzelt Heidi Schmelzerzur Mitbewohnerin hin, diegrinsend zurücknickt. Am liebstenwäre sie direkt fest eingezogen.Außer Marianne Maier hatdas Ehepaar vor 15 Jahren nocheinen jungen, heute 40-jährigenMann aufgenommen.Vor einigen Jahren musste dasEhepaar eine andere Wohnungsuchen. Ein großes Ärgernis,weil sich kein Vermieter bereitfand,Menschen mit Behinderungenaufzunehmen. FürSchmelzers war aber immerunumstößlich: „Wir gehen allezusammen oder niemand“, soberuhigte Heidi Schmelzer diebeiden Familienmitglieder. Diesehatten durchaus Sorge, dasssie zurückbleiben müssten.Aber: „Sie sind Teil unserer Familiewie die Kinder und die Enkel.“Schlussendlich ergab sichdie Gelegenheit, dass einer derdrei Söhne von Schmelzers ehemaligeöffentliche Räumlichkeitenerwerben konnte und sieumfassend umbaute. Inzwischenwohnen die vier seit vierJahren in Ravensburg.Sie sind FamilieFrüher hat sich Heidi Schmelzerregelmäßig um Pflegekindergekümmert. Im Laufe der Jahre60 an der Zahl. Irgendwannwurde sie über eine Zeitungsanzeigeauf die Möglichkeit desBWF aufmerksam, was sie sehrinteressierte. Seit die Frau mitden dunklen Augen und dem bisheute tiefschwarzem dichtenStoppelhaar an der Haustüreklingelte, sind 27 Jahre vergangen.Marianne Maier ist vor kurzem75 Jahre geworden. HeidiSchmelzer ist ein paar MonateEine Familie: Heidi(2.v.r.) und Fritz (links)Schmelzer mit MarianneMaier und Robert.jünger, ihr Mann unwesentlichälter. An vier Tagen die Wochebesucht Marianne Maier dieRentnergruppe der OWB in Ravensburg,wo viele verschiedeneAktivitäten stattfinden. Sie fährtselbstständig auch öfter mitdem Bus in die Innenstadt. Dochdie beginnende Demenz wirdvon der Sorge der Familie begleitet,ob sie wieder zurückfindet.Bislang hält sie sich an denfest vereinbarten Heimweg. Erstkürzlich erlitt sie aber zu Hauseeinen epileptischen Anfall undwar danach rund zwei Wochenin Kliniken. Ein großer Schockbesonders für Heidi Schmelzer,die sie bei dem Anfall auffand.Früher mehr AusflügeAnsonsten sei Marianne Maier„bumperlgsund“, schildert sie.Sie hat Stricken gelernt. Auchzum Puzzeln hat Heidi Schmelzersie unlängst angeregt. Anfangshabe sie sich sehr schwergetan. Doch inzwischen machtsie auch größere Puzzles. FritzSchmelzer schildert die spürbarenVeränderungen bei allen: „Infrüheren Jahren haben wir nochmehr Ausflüge machen können.Marianne schafft es nicht mehr.Und wir beide würden auchnicht mehr alles machen.“ Demguten familiären Zusammenlebentut dies keinen Abbruch.Text/Foto: Anne OschwaldDie 67-jährige Irmgard Weilanderhält regelmäßig zweimal dieWoche Ergotherapie. Ihr Therapeutkommt dafür zu ihr in dieWohnung. Mit den Therapiestundensollen ihre Koordinationund ihr Gedächtnis gefördertwerden. „Damit ich auf demLaufenden bleibe“, sagt sie.Nicht nur bei älteren Menschenmit Einschränkungen hat dieErgotherapie unter anderemzum Ziel die kognitiven undgeistigen Fähigkeiten zu fördernoder zu erhalten.Irmgard Weiland soll zum Beispielverschiedene Werkzeugeden entsprechenden Handwerksberufenzuordnen.Manchmal muss sie aus Kartenmit ein oder zwei Buchstabenstimmige Wörter legen.„Manchmal möchte ich auchgerne rechnen“, sagt sie. Dannbekommt sie Rechenaufgabenaus dem Einmaleins, was ihr offenkundigleicht fällt. Der interessiertenFrau tun die Stundengut und machen ihr großenSpaß, wie sie selbst sagt.Weil sie auch in ihrer Mobilitäteingeschränkt ist, kommt außerdemzweimal die Woche einPhysiotherapeut zu ihr.Physiotherapie bieten auch diePraxen der Stiftung Liebenau anden Fachzentren Liebenau undRosenharz. Neben Bewohnerinnenund Bewohnern sowie Mitarbeitendender Stiftung Liebenaustehen die Praxen auchexternen Patientinnen und Patientenoffen.Text: Anne OschwaldFoto: DanitzaPulgarM – stock.adobe.comDinge greifen bei der Ergotherapiekann die Koordination fördern.
Laden...
Laden...
Stiftung Liebenau
Kirchliche Stiftung privaten Rechts
Siggenweilerstr. 11
88074 Meckenbeuren
Tel: 07542 10-0
Fax: 07542/10-1117
info(at)stiftung-liebenau.de
Spendenkonto
Sparkasse Bodensee
Stiftung Liebenau
Konto: 20 994 471
IBAN: DE35 69050001
0020994471
BIC: SOLADES1KNZ
© 2016 Stiftung Liebenau, Kirchliche Stiftung privaten Rechts