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WIR mittendrin - 1/2021

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8 1 | 2021 TEILHABE Die Arche-Gemeinschaften Die Arche Ravensburg wurde 1998 gegründet. Heute gibt es weltweit 154 Gemeinschaften, die in einer internationalen Föderation miteinander verbunden sind. Seit der Gründung der ersten Arche-Gemeinschaft in Frankreich verwirklicht die Arche seit über 50 Jahren vor Ort und weltweit Inklusion dadurch, dass Menschen mit Behinderungen dort wohnen können, wo Menschen ohne Handicap auch wohnen. So wie es heute auch die UN-Behindertenrechtskonvention fordert. In der Arche ist man der Ansicht, dass jeder Mensch – behindert oder nichtbehindert – einzigartig und einmalig geschaffen ist. Zu den grundlegenden Rechten jedes Menschen gehört das Recht auf Leben, auf ein Zuhause, auf Bildung, auf Arbeit, aber auch das Recht auf Freundschaft, menschliche Nähe und geistiges Leben. Die Arche Gemeinschaft Ravensburg ist eine christlichökumenische und inklusive Lebensgemeinschaft, in der sechzehn erwachsene Menschen mit einer geistigen und/ oder Mehrfachbehinderung ihr Zuhause gefunden haben. Seit über 20 Jahren wohnen hier Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen zusammen. Text: Franziska Rief, Arche Ravensburg Inklusiv, christlich-ökumenisch, interkulturell Die Arche Ravensburg liegt mitten im Herzen von Ravensburg. Eine Wohnung und ein Neu- und Altbau bieten 27 Menschen mit und ohne geistige Beeinträchtigungen ein Zuhause. Der Arche-Bewohner Daniel (38) und die Assistentin Daisy (25) berichten Jeannine Delia von der inklusiven WG. Hallo Daniel, hallo Daisy, stellt euch doch bitte kurz mal vor. Daniel: Ich lebe seit 2004 in der Arche RV. Ich fahre gerne Tandem, bin Mitglied in der Arche- Band und putze gerne unsere Busse. Mein Lieblingsplatz ist der Garten, da kann ich im Sommer viel Rasenmähen. Daisy: Ich komme aus Bayankhongor in der Mongolei und lebe seit 2019 in der Arche. Erst war ich eine Freiwillige, mittlerweile Daniel und Dondogdulam, von allen Daisy genannt, leben in der Arche-Gemeinschaft Ravensburg zusammen mit anderen wie eine Familie. bin ich Auszubildende an der Fachschule für Heilerziehungspflege am Institut für Soziale Berufe (IfSB). Wie ist es für dich in der Arche zu leben? Daisy: Am Anfang hatte ich natürlich etwas Angst, fernab meiner gewohnten Kultur und Freunden zu leben. Ich bin aber von der Gemeinschaft sehr herzlich empfangen worden. Von Anfang an wurde nach meiner Meinung gefragt und es wurde Raum für Gespräche über Emotionen und Gefühle gegeben, da ich die Sprache noch nicht gut kannte. Es ist schön zu wissen, dass man dir zuhört. Wichtig ist, dass in der Arche die Menschen mit Behinderungen im Mittelpunkt stehen und wir sie als einzigartige und besondere Menschen betrachten. Dass wir alle „an einem Strang ziehen“, schweißt zusammen. Daniel: Als Daisy in die Arche kam, habe ich mir Gedanken gemacht, wie wir uns schneller verstehen können. Dann habe ich gemerkt, dass es für sie leichter ist, wenn ich mit ihr auf hochdeutsch spreche und nicht wie gewohnt auf schwäbisch. Wir unternehmen in der Arche viel zusammen, machen Ausflüge oder gemeinsam Musik mit unserer Band. Es ist schön, dass man nicht alleine ist. Wenn ich aber mal meine Ruhe haben will, gehe ich einfach in mein Zimmer. Wie wirkt sich Corona auf das Gemeinschaftsleben aus? Daniel: Als der erste Lockdown kam, war es für uns alle sehr schwierig. Es hat gedauert, bis sich alle auf die neue Situation eingespielt haben. Wir konnten nicht mehr viel zusammen machen. Zum Glück haben wir aber einen großen Garten. Ich bin sehr froh, wenn wir endlich alle geimpft sind. Das Gute an Corona ist, dass ich dadurch zum „Spitzenkoch“ werde. Fast jeden Tag unterstütze ich unsere Superköchin, da ich nicht arbeiten gehen darf. Daisy: Am Anfang war alles sehr ungewiss. Alle waren unruhig, gestresst und hatten Angst, wie es weitergeht. Es ist schade, dass wir aktuell wenig zusammen sein können und auch die gemeinsamen Spieleabende und Feiern ausfallen. Ich vermisse es auch, dass wir Besuch von Freunden außerhalb der Arche bekommen können und hoffe, dass man uns nicht vergisst. Aber, Corona hat auch eine positive Seite. Man lernt sich noch besser kennen und kann dies auch in die Gemeinschaft mit hineintragen. Das ist sehr bereichernd. Euer Schlusswort lautet? Daniel: Wir sind alles nette Menschen und da ich jetzt ein Spitzenkoch bin, kann ich hoffentlich bald für alle unsere Gäste kochen. Daisy: Die Arche ist mehr als nur eine Gemeinschaft, wir sind eine Familie!

1 | 2021 9 ARBEIT 3D-Drucker eröffnet neue Wege Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM) bieten verschiedenste Arbeiten an. Seit etwa einem Jahr ergänzt ein 3D-Drucker die Tätigkeiten der NEULAND-Werkstätten der Zieglerschen. Beim 3D-Druck werden Materialien Schicht für Schicht aufgetragen und ausgehärtet. So können individuelle Modelle gefertigt werden. Bereichsleiter Olaf Sigmund erklärt: „Mit einem 3D- Drucker ist fast alles machbar: von Werkzeugen, ganzen Häusern oder Boote, bis hin zu essbaren Gummibärchen sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt.“ Begrenzend wirken dagegen die Größe des zu druckenden Modells, die Materialien, mit denen gedruckt wird, und der Faktor Zeit. Der 3D-Drucker wurde Olaf Sigmund am 3D-Drucker. angeschafft, um für die Projektgruppe „Eigenprodukt“ die Möglichkeit zu bieten, freier denken zu können. Eine Idee war beispielsweise, verschiedene Materialien – wie Holz plus Teile aus dem Drucker – zu einem funktionierenden Modell zu kombinieren. In den Werkstätten werden mit dem 3D-Drucker momentan Deko-Produkte aus dem 3D-Drucker. vor allem Schriftzüge zum Aufstellen als Deko und individuell geformte Ausstecher zum Plätzchen backen produziert. „Die Bereicherung in unserer Arbeit liegt darin, ein Produkt selbst zu entwickeln“, so Sigmund. Der Produktionsvorgang bleibt in einer Hand – vom Herstellen, Zusammenbauen und Verpacken bis hin zum Verkauf. Bei neuen Arbeitsangeboten müssen die Fachkräfte immer die Mitarbeitenden und ihr tägliches Leistungsvermögen im Blick haben. Der Spaß an der Arbeit muss dabei auch gegeben sein. Text/Fotos: Vanessa Lang, Pressestelle bei den Zieglerschen TAGESSTRUKTUR Arbeit und Aktivitäten geben Halt Ein strukturierter Alltag ist für viele Menschen selbstverständlich. In Zeiten von Corona fallen viele Aktivitäten als stabilisierender Faktor aber weg. Erich Haller und Sabine Brugger, begleitet von der Diakonie Pfingstweid, schildern ihre Empfindungen. Ich heiße Erich Haller. Ich bin 58 Jahre alt. Ich arbeite schon sehr lange in der Landwirtschaft in der Pfingstweid. Mir gefällt meine Arbeit. Auch wenn es manchmal anstrengend ist. In meiner Freizeit unternehme ich gerne was mit den Offenen Hilfen oder fahre mit meinem Roller. Ich gehe gerne in die Stadt und zum Bäcker in Tettnang. Ich trinke einen Kaffee und spreche mit den netten Verkäuferinnen. Wegen Corona kann ich in meiner Freizeit vieles nicht machen. Vor allem über Weihnachten hat mir das gar nicht gutgetan. Da Sabine Brugger spielt gerne Klavier. Mit der Musiklehrerin fällt die Konzentration leichter. hatte ich Urlaub. Ich war ganz schlecht gelaunt und traurig. Ich wusste gar nicht, was ich machen sollte. Deshalb war ich sehr sehr froh, als ich wieder zur Arbeit gehen konnte. Meine Arbeit ist für mich sehr wichtig. Gerade in dieser Zeit. Da kann ich jeden Tag hingehen. Ich habe was zu tun und treffe meine Kollegen. Mir fehlt vor allem die menschliche Nähe, dass Erich Haller weiß die strukturierende Wirkung seiner Arbeit sehr zu schätzen. man sich nicht einfach mit anderen unterhalten und treffen kann. Ich heiße Sabine Brugger. Ich bin 49 Jahre alt und ich bin Rentnerin. Langweilig ist es mir normalerweise nicht. Ich gehe in die Freizeitgruppe und den Reha-Sport von der Lebenshilfe. Hier bin ich auch im Vorstand. Ich spiele gerne Keyboard und gehe einmal in der Woche in den Unterricht. Ich mache gerne bei den Freizeitangeboten von den Offenen Hilfen mit und treffe sehr gerne meine Freunde. Seit über einem Jahr ist aber wegen Corona leider vieles gar nicht möglich. Alleine weiß ich oft nicht, was ich machen soll und es ist mir dann langweilig. Auch Keyboard spielen macht mehr Spaß mit meiner Musiklehrerin. Die regelmäßigen Termine und Angebote, die ich sonst habe, sind sehr wichtig für mich. Das habe ich jetzt gemerkt. Gut ist für mich, dass ich in einer WG mit Erich und Klaus wohne. So bin ich nicht ganz allein. Text: Erich Haller und Sabine Brugger, beide werden von der Diakonie Pfingstweid in Tettnang begleitet Fotos: Brigitte Kraft

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