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wir mittendrin - 1 / 2019

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Die Zeitschrift von Menschen mit und ohne Behinderungen

4 | Arbeit

4 | Arbeit wir mittendrin 1|2019 Verlockend schöne Arbeit Zugegeben: Manchmal ist sie schon lästig. Unterm Strich aber ist sie für die meisten Menschen von sehr großer Bedeutung: die tägliche Arbeit. Durch sie fühlt man sich zugehörig, sie stärkt das eigene Selbstbewusstsein, und sie strukturiert das Leben. Dies gilt selbstverständlich auch für Menschen mit Behinderungen, die heute durch verschiedenste Arbeitsangebote ihren persönlichen Einsatzbereich und Arbeitsort finden können. Neben den klassischen Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM) werden sie auch in Handwerks-, Industrieoder Servicebetrieben beschäftigt. Um sie fit für ihren Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt zu machen, werden sie gefördert und unterstützt von Fachkräften der Stiftung Liebenau. Diese beraten auch den aktuellen oder mögliche zukünftige Arbeitgeber. Und was sagen Menschen mit Behinderungen zu ihrer täglichen Arbeit? Hier einige Beispiele: Rolf Seydel meint: „Arbeit bedeutet für mich: Geldverdienen, Spaß und Abwechslung.“ Thomas Pfaff mag die Abwechslung: „Es ist gut, was anderes zu machen, als nur zu Hause zu sein: Spaß und Freude.“ Stefan Koprivnjak findet: „Wenn man arbeitet, kann man sich was vom Taschengeld kaufen. Das ist gut. Und man trifft Freunde.“ Und für Nicole Weiss bedeutet sie manchmal Ausgleich: „Man kann, wenn man beim Wohnen Ärger und Stress hat, sich bei der Arbeit besser beruhigen.“ Die etwas andere Inklusion „Einfach mal etwas anderes ausprobieren“, sagt Lea D. (Name geändert), 32 Jahre, Beschäftigte einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WfbM) der Stiftung Liebenau, bei ihrem Vorstellungsgespräch in einer Tierfutterhandlung. Nach acht Jahren Arbeit und Förderung im Arbeitsbereich der Werkstatt möchte Lea D. einen Schritt weitergehen und ihre Fähigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erproben. In einem Praktikum. Text: Andrea Döring | Foto: Silvia Thanner-Hug Das Projekt Ambulante Arbeitsassistenz, gefördert durch Aktion Mensch, läuft noch bis 2021. Es bietet die Möglichkeit, das Angebot nicht nur an WfbM-Beschäftigte zu richten, sondern auszuweiten auf andere Personengruppen, die auch nicht ohne Unterstützung einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden können. So wie Lea D. nutzen immer mehr Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit, den ersten Arbeitsmarkt über ein Praktikum kennenzulernen. Betriebe und Unternehmen zeigen große Bereitschaft, sie am Arbeitsleben teilhaben zu lassen. Das wird deutlich, wenn ich als Projektleiterin der Ambulanten Arbeitsassistenz Allgäu der Stiftung Liebenau um einen Praktikumsplatz anfrage und bei den Betrieben auf offene Ohren stoße. Bei meiner Suche nach angemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten in den Betrieben ist ein differenzierter Blick auf die spezifischen Arbeitsabläufe und eine kreative Arbeitsplatzgestaltung erforderlich. Es gilt, einfache Arbeitsschritte und wiederkehrende Routineaufgaben herauszufiltern und den Bewerber direkt am Arbeitsplatz für diese Tätigkeiten zu qualifizieren. Persönliche Kontaktperson Neben der Unterstützung durch mich als Arbeitsassistenz hat sich gezeigt, dass ein Ansprechpartner im Betrieb wesentlich zum Erfolg der Maßnahme beitragen kann. Durch den begleitenden Kontakt zwischen diesem Mentor und dem Beschäftigten können Unsicherheiten schnell überwunden und manche Fehler verhindert werden. Informationen satt Das Erlernen und Aneignen der notwendigen Qualifikationen braucht Zeit. Daher besteht die Möglichkeit, über einen betriebsintegrierten Arbeitsplatz als Beschäftigter einer WfbM dauerhaft in einem Betrieb des allgemeinen Arbeitsmarktes angestellt zu werden. Die Betriebe erhalten von mir Informationen über staatliche Fördermöglichkeiten. Einen Menschen mit Unterstützungsbedarf zu beschäftigen, stellt für alle Beteiligten eine Bereicherung dar und führt einen Schritt weiter in eine inklusive Gesellschaft, in der jeder seinen Platz findet. Andrea Döring (links) ist Projektleiterin der Ambulanten Arbeitsassistenz Allgäu der Stiftung Liebenau (Sozialdienst Arbeitsbereich Leutkirch und BBF Bad Waldsee). Sie entwickelt mit Klienten Perspektiven für den ganz persönlichen Arbeitsplatz. Boris Radermacher hat den Wunsch, ein Praktikum zu machen.

wir mittendrin 1|2019 Arbeit | 5 Selbstständiger arbeiten Jens Haug arbeitet als Landschaftsgärtner in der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WfbM) der Stiftung Liebenau in der Außenstelle Unterraderach bei Friedrichshafen. „wir mittendrin“-Reporter Heribert Danner sprach mit dem 33-Jährigen über seine Arbeit. Hans-Peter Schlecker (links) ist seit Anfang an Leiter des Bildungs-, Begegnungs- und Förderzentrums Bad Waldsee (BBF). Der Weg in die Stadt Text: Hans-Peter Schlecker | Foto: Felix Kästle Das Bildungs-, Begegnungsund Förderzentrum (BBF) in Bad Waldsee mit 48 Plätzen der beiden Träger Liebenau Teilhabe und Integrations-Werkstätten Oberschwaben startete im Herbst 2015. Das Ziel: ein sozialräumliches, inklusives und strukturiertes Angebot für Menschen mit einem hohen Unterstützungsbedarf. Seither hat sich schon viel getan: Einkäufe, Spaziergänge und Cafébesuche waren die ersten Schritte in die nähere und weitere Umgebung. Die Kontakte zur Firma Baby Walz bescherten die allerersten Arbeiten für die Beschäftigten. Für die Stadt Bad Waldsee und umliegende Gemeinden entwerfen, produzieren, bestücken und liefern wir inzwischen Geschenkkörbe für Jubilare. Anfang 2016 waren wir Gastgeber des Forums „Wirtschaft im Gespräch“, bei dem viele Waldseer Firmen vertreten waren. Zu unseren Partnern gehören die Katholische Kirchengemeinde, die Energieagentur Ravensburg und die Gemeinde Ostrach. Durch unsere wachsende Bekanntheit entstand auch eine enge Partnerschaft mit der Volkshochschule: Wir bieten gemeinsam inklusive Kurse an der VHS, und sie nutzt BBF-Räume für ihre Angebote. Auch an anderer Stelle entstanden Kooperationen: Im Rahmen des Werksunterrichts lernen Schüler des Instituts für Soziale Berufe (IfSB) Bad Wurzach und Beschäftigte gemeinsam den Umgang mit Werkzeugen und die Bearbeitung von Holz. Von den örtlichen Schulen kommen regelmäßig Praktikanten, und im Sommer 2017 veranstalteten wir mit der Schulband des Gymnasiums ein Konzert. Wir nutzen auch die städtischen Angebote, wie die Therme, die Turnhalle in Haisterkirch, den Stadtsee oder Veranstaltungen. Durch unsere Präsenz entstand ein positiver Kontakt zur Bevölkerung und den Kurgästen. Der Anfang ist gemacht. Jens, wo hast du in der Landschaftsgärtnerei zu allererst gearbeitet? In der Nähe von Pforzheim. Später arbeitete ich als Landschaftsgärtner innerhalb der Stiftung Liebenau. Was hat dich dazu bewogen, in einer Außenstelle der Stiftung Liebenau zu arbeiten? Ich wollte einfach selbstständiger arbeiten. Jetzt arbeite ich meistens nur mit meinem Vorarbeiter zusammen. Und das gefällt mir sehr gut. Nur in Ausnahmefällen, das heißt bei umfangreichen und schwierigen Arbeiten, kommen noch Trupps von außen dazu. Mit meinem Vorarbeiter komme ich bestens aus und es hat mit ihm bisher noch nie Knatsch gegeben. Wann war dieser Schritt? Im November 2017 mit einem zweimonatigen Praktikum. Welche Arten von Arbeiten machst du? Wichtige Tätigkeiten sind Rasenmähen und Grünflächenpflege, aber zum Beispiel auch Äste aufsammeln, Hecken schneiden, Pflege von Dachbegrünungsanlagen im Sommer, dabei Unkrautentfernung und anderes. Wo arbeitest du von der Außenstelle aus? Heute da, morgen dort: Die am weitesten entfernten Einsatzorte waren zum einen hinter Markdorf und im Raum Meersburg. Wir haben auch viel Privatkundschaft. Gefällt dir deine Arbeit? Ja, ich fühle mich wohl, ich bin sehr zufrieden. Mit der Umstellung in die Außenstelle hatte ich keinerlei Schwierigkeiten. Danke für das Gespräch. Heribert Danner (links), Reporter der „wir mittendrin“, im Gespräch mit Jens Haug. Foto: Nils Pasternak

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