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Stellungnahme zum Tarifkonflikt

3.1.4 Gerechtigkeit und

3.1.4 Gerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit erfordert einen effizienten Ressourceneinsatz, um die Ziele eines Unternehmens zu erreichen. Die Beachtung dieses Grundsatzes dient mit dazu, den Stiftungsauftrag zu erfüllen und schafft bei allen Vertrauen, die mit dem Unternehmen verbunden sind. Ein gerechter Lohnfindungsprozess wird neben den genannten Werten der Gleichbehandlung und Anerkennung auch den Wert der wirtschaftlichen Effizienz berücksichtigen. Wie diese Werte gewichtet werden, ist selbst wieder rückgebunden an Kriterien eines fairen Diskurses, die in diesem Papier beschrieben werden und obliegt den verantwortlichen Akteuren. 3.2 Transparenz 3.2.1 Offenlegung Aus den Gesprächen, die das Ethikkomitee geführt hat, wurde deutlich, dass es immer wieder zu Situationen kam, in denen relevante Informationen nicht zur Verfügung standen. Eine gute Kommunikationskultur verlangt Transparenz, sowohl in Bezug auf die Interessen als auch in Bezug auf die Begründungen. Allgemein akzeptiert werden vor allem diejenigen Argumentationen, deren Gründe transparent, d. h. offen, verständlich und nachvollziehbar sind. Wenn Gründe bzw. Hintergründe nicht kommuniziert werden, kann kein Verständnis erwartet werden. Entscheidungen, die unter schwierigen Bedingungen gefällt wurden, werden umso mehr von allen mitgetragen, je besser die Sachlage und ihre näheren Umstände vermittelt werden. 3.2.2 Grenzen der Offenlegung Gleichzeitig sind von allen Beteiligten Grenzen der Transparenz zu akzeptieren. Nicht jede Information darf offen kommuniziert werden. So können z. B. datenschutz- oder arbeitsrechtliche Gründe vorliegen, die eine offene Kommunikation nicht zulassen. Rechte, die den Schutz der Persönlichkeit gewährleisten, sind auf jeden Fall einzuhalten. Auch können ausstehende Entscheidungen, wie sie von leitenden Verantwortlichen immer wieder getroffen werden müssen, eine zurückhaltende Kommunikation erforderlich machen. In solchen und ähnlichen Fällen verlangt es der Grundsatz der Transparenz, dass geltende Grenzen aufgezeigt und begründet werden. 10

3.3 Solidarität Sowohl Arbeitnehmervertreterinnen als auch Arbeitgeber verweisen auf eine kirchliche Unternehmenskultur, in der nicht nur das (Arbeits-)Recht zähle. In diesem Kontext besteht vielmehr die wechselseitige Erwartung, dass eine Verständigung in Respekt und Wertschätzung 14 als Ausdruck des christlichen Menschenbildes möglich ist: Dazu gehört die solidarische Bereitschaft, die andere Position wohlwollend und ohne Vorverurteilungen anzuhören. In diesem Zusammenhang sind soziale Perspektivenwechsel notwendig. Informationen, die für die andere Seite relevant sein könnten, sollten proaktiv weitergegeben werden, auch wenn es dazu keine gesetzlichen Vorschriften gibt. Unter solidarischem Verhalten kann man sogar eine bewusste Inkaufnahme von Nachteilen für die eigene Position verstehen. Allerdings setzt diese Solidarität ein Vertrauen darauf voraus, dass sich der andere in ähnlichen Situationen ebenso verhalten werde und Eigeninteressen zurückstellt. 15 Gegenseitiges Vertrauen wächst, wenn Versprechen und Vereinbarungen eingehalten werden. Dabei ist zu beachten, dass Versprechen und Vereinbarungen unter den jeweils aktuellen Verhältnissen eingegangen werden und gelten. Jede einvernehmliche Lösung des Tarifkonfliktes ist an eine Haltung der Solidarität gebunden. 4 Handeln Welche konkreten Handlungsoptionen gibt es nun, den Tarifkonflikt beizulegen? Bei der Beantwortung dieser Frage wird sich das Ethikkomitee nicht definitiv festlegen. Vielmehr werden mögliche Wege im Lichte der vorgetragenen Interessen (vgl. Abschnitt 2.) und der ethischen Beurteilungen (vgl. Abschnitt 3.) aufgezeigt. 14 Vgl. die Website der Stiftung Liebenau, online: www.stiftung-liebenau.de/ueber-uns/philosophie/#c1170 (aufgerufen am 3.9.2019). 15 Vgl. dazu: Jürgen Habermas (2017): Europa neu denken. Eine Diskussion zwischen Jürgen Habermas, Sigmar Gabriel und Emmanuel Macron am 16.3.2017 in der Hertie School of Governance, moderiert von Henrik Enderlein, online: www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2017/april/europa-neu-denken (aufgerufen am 31.10.2019): „Wer sich solidarisch verhält, nimmt im Vertrauen darauf, dass sich der andere in ähnlichen Situationen ebenso verhalten wird, im langfristigen Eigeninteresse Nachteile in Kauf.“ 11

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