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Jahresbericht 2020 der Stiftung Liebenau

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AUTONOM, INNOVATIV,

AUTONOM, INNOVATIV, ZEITLOS Stiftungen sind ein starker Teil der Zivilgesellschaft Stiftungen haben Konjunktur. Allein in Deutschland gibt es rund 23 000 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts, große und kleine, alte und junge. Und jedes Jahr werden neue gegründet, 712 waren es im Jahr 2020. Was macht diese Rechtsform so attraktiv? Was sind ihre Besonderheiten? Und welche Bedeutung haben Stiftungen für die Gesellschaft? Ein Gespräch mit Friederike von Bünau, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Frau von Bünau, zunächst mal ganz allgemein gefragt: Was unterscheidet Stiftungen von anderen Organisationen und Unternehmen? Friederike von Bünau: Im Grunde basieren Stiftungen auf einer einfachen und gleichzeitig radikalen Idee: Da gibt jemand sein Geld aus der Hand und widmet es einem definierten Zweck. Aus der Stifterautonomie wird damit eine Stiftungsautonomie. Die Stiftung gehört sich selbst, sie ist weder der politischen Willensbildung noch irgendwelchen Eigentümeroder Aktionärsinteressen unterworfen, sondern nur ihrem Zweck verpflichtet. Der wiederum ist in der Regel für die Ewigkeit festgelegt, unterliegt also auch nicht den Wandlungen des Zeitgeistes. Schauen Sie die vielen alten Stiftungen in Deutschland an, die funktionieren immer noch. Stiftungen haben – gerade aufgrund ihrer Autonomie – große Freiheit. Sie können im Rahmen ihrer Satzungszwecke Neues ausprobieren, Mittel bereitstellen für Innovationen oder besondere Forschungsvorhaben. Aber diese Freiheit ist mit Verantwortung verbunden. 42 Schwerpunkt

Friederike von Bünau wurde im November 2020 zur Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen gewählt. Seit 2006 ist sie Geschäftsführerin der Kulturstiftung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Zuvor hat sie Wirtschaftswissenschaften studiert und für große Unternehmen im In- und Ausland gearbeitet. Worin liegt diese besondere Verantwortung? Friederike von Bünau: Gemeinnützige Stiftungen, das sind etwa 95 Prozent, sind steuerbegünstigt. Schon deshalb tragen sie eine besondere Verantwortung. Sie müssen mit ihrem Geld so umgehen, dass es dem Gemeinwohl dient. Sie sind Teil der Gesellschaft – das ist es übrigens, was die Stifterinnen und Stifter in der Regel motiviert: Sie wollen die Gesellschaft mitgestalten. In der Geschichte waren Stiftungen meist Initiativen Einzelner: wohlhabende Menschen, die der Gesellschaft etwas zurückgeben und ihre Impulse setzen wollten. Inzwischen spielen Kooperationen mit Kommunen, Unternehmen, anderen Akteuren der Zivilgesellschaft eine deutlich größere Rolle. Oder schauen Sie zum Beispiel die Bürgerstiftungen an, eine recht junge Entwicklung in der Stiftungslandschaft. Bürgerinnen und Bürger wollen am demokratischen Zusammenleben in ihrer jeweiligen Stadt mitwirken. Da ist weniger das Geld das Entscheidende, sondern vielmehr ehrenamtliches Engagement und Ideen. In seinen Grundsätzen guter Stiftungspraxis legt der Bundesverband einen besonderen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Was heißt das konkret? Friederike von Bünau: Die Grundsätze guter Stiftungspraxis waren ursprünglich vor allem auf Managementthemen wie Transparenz oder den Umgang mit Interessenskonflikten bezogen. Vor zwei Jahren hat der Bundesverband sie um Positionen zu gesellschaftspolitischen Themen erweitert, darunter auch zur nachhaltigen Entwicklung – orientiert an der UN-Agenda 2030 und am Pariser Klimaschutzabkommen. Wir sind im Verband der Meinung, dass es an der Zeit ist, sich zu diesen Themen zu positionieren. Diese Grundsätze sind keine Vorschriften, es sind Vorschläge zur freiwilligen Selbstverpflichtung. Jede Stiftung entscheidet für sich, ob und wie sie sie mit Leben füllt. Nicht nur die Coronapandemie hat das Jahr 2020 geprägt, sondern politische und humanitäre Krisen weltweit. Wie können Stiftungen zu einer gerechteren und friedlicheren Welt beitragen? Diese Idee, Stiftungen als Teil der Zivilgesellschaft zu denken, ist angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen – auch auf europäischer Ebene – wichtig, um sich gegenseitig zu stärken. Friederike von Bünau: Jede nach ihren Möglichkeiten in ihrem Umfeld, würde ich sagen. Es gibt die prominenten, international tätigen Stiftungen. Doch es müssen nicht immer die großen Taten sein. Wir können unseren Teil beitragen, wenn wir uns selbst überprüfen: Leben wir das, was wir für die Welt wollen, in unserer Organisation, unserem Umfeld? Das kann sich mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit auf den Umgang mit natürlichen Ressourcen beziehen, oder darauf, ob eine Stiftung ihr Stiftungsvermögen nach ethischen Grundsätzen anlegt. Danke für das Gespräch, Frau von Bünau. Mehr über Stiftungen und ihre Grundsätze gibt es hier zu lesen: www.stiftungen.org In Kooperationen gehen Stiftungen neue Wege, hier im St. Anna-Quartier im oberschwäbischen Tettnang. Schwerpunkt 43

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