gesundheit Inklusion – ein Experiment Sozialtherapeutische Wohngruppe und Inklusion – ein Widerspruch? Wer lebt in einem sozialtherapeutischen Heim? Inklusion ist in aller Munde. Das Bewusstsein dafür, dass Menschen mit Behinderung ein Recht auf Teilhabe haben, ist in Gesellschaft und Politik angekommen. Da gilt es schon fast als unanständig, auch Grenzen aufzuzeigen. Die vorübergehende Unterbringung der sozialtherapeutischen Wohngruppe für Kinder und Jugendliche „Leo“ der St. Lukas-Klinik in Liebenau in Räumlichkeiten eines früheren Altenpflegeheimes der Stiftung Liebenau in Ailingen-Berg ermöglichte sozusagen Inklusion relativ geschlossenes System kein/kaum Zugang zu gesellschaftlichen Teilsystemen Außensteuerung < ..... > < ..... > < ..... > Offenheit Teilhabe Selbstbestimmung Menschen mit vorwiegend seelischer Behinderung mit zusätzlicher intellektueller Einschränkung Menschen mit psychiatrischen Störungsbildern wie Entwicklungsabweichungen und Verhaltensauffälligkeiten (Diagnose nach Kriterien des Internationalen Klassifikationsschemas) Menschen mit Beeinträchtigungen, die sie daran hindern, alterstypische Entwicklungsaufgaben zu bewältigen und ihrem Entwicklungsstand entsprechend auf Probe. Und brachte Erkenntnisse … zu leben Odyssee durch Einrichtungen Um das Besondere dieser Inklusion auf Probe zu ver- Befristete Unterbringung Mit der Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Versorgung. Auch die Beschulung erfolgt in einem der Wohngruppe vergleichbaren Rahmen. vom Setting in einer Klinik. „Wir haben festgestellt, dass es doch gewisse Dinge braucht, um die Idee einer stehen, muss man wissen, wer eigentlich in einer sozialtherapeutischen Wohngruppe lebt. Da ist zum Beispiel Marie S.: Bevor sie auf die Wohngruppe Leo kam, hatte Wohngruppe, die im allgemeinen nicht auf Dauer angelegt ist, soll ihnen ein „angemessener Lebensraum geboten werden, währenddessen durch Förderung und Inklusion auf Probe So weit, so gut. Vor diesem Hintergrund war es mehr sozialtherapeutischen Außenwohngruppe inklusiv umzusetzen“, stellt Sebastian Schlaich, Geschäftsführer der St. Lukas-Klinik fest. Alle Beteiligten müssten zur sie bereits eine Odyssee hinter sich. Lebte auf Wohn- therapeutische Intervention die Verhaltensweisen der als spannend, das „Experiment“ einzugehen, den ein- Öffnung bereit sein, für Kontakte im Umfeld brauche gruppen für Menschen mit einer Behinderung, hatte betroffenen Menschen so beeinflusst werden, dass gespielten Rahmen des Sozialtherapeutischen Wohn- es Kreativität. Schließlich müsse man auch realistisch bereits mehrere Aufenthalte in psychiatrischen Klini- eine Eingliederung in allgemeine Betreuungsformen heims in Liebenau – mit der beschriebenen Infrastruk- sein, was die Bewohnerschaft angehe. Ungenügend ken hinter sich. Und immer „klappte es nicht gut“, (wieder) möglich wird.“ So der Wortlaut der Verein- tur – für eine Weile zu verlassen. Grund war die not- vorbereitet könne es leicht zu Überforderungen der wie sie selbst sagt. „Ich konnte mehr oder weniger barung zwischen Kommunalverband für Jugend und wendige Renovierung der Räumlichkeiten nach der Bewohner wie auch der Umgebung kommen. Sehr machen, was ich wollte, hatte zu viel Freiheiten auf Soziales Baden-Württemberg und der St. Lukas-Klinik. Landesheimbauverordnung. Die gesamte Wohngruppe wichtig für den Sicherheit gebenden Rahmen sei auch einmal.“ Wenn bei Marie etwas nicht klappt, fängt sie an sich zu ritzen. Spätestens dann merkt sie auch selbst, dass sie überfordert ist. Doch dann hat sie sich bereits Wunden zugefügt, die Narben hinterlassen. Sozialunverträgliches Verhalten Die Diagnosen und Verhaltensauffälligkeiten der Kin- Betreuungssetting Die Lebens- und Betreuungsbedingungen sollen dem Entwicklungsstand beziehungsweise den sozial-emotionalen und/oder behinderungsspezifischen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Bewohner entsprechen. Ziel soll es sein, dass die Bewohner durch therapeutische mit den zuständigen Betreuern zog in die neuen Räumlichkeiten nach Ailingen um. Erfahrungen Die Euphorie war groß. Würde der äußere Anlass der Renovierung Erkenntnisse in puncto Inklusion der Bewohner in sozialtherapeutischen Heimen bringen? eine geeignete Tagesstruktur, idealerweise in unmittelbarer Nähe. Fest steht für ihn jedoch: Öffnung ist nur intensiv gestützt und geschützt möglich. Das Fazit Das „Experiment“ bietet eine gute Grundlage für eine differenzierte Betrachtung von Inklusion, wie sie die der und Jugendlichen einer sozialtherapeutischen Interventionen und Umgebungsvariablen zu einer Ent- Ist eine „ganz normale“ Inklusion in Form einer sozial- Stiftung Liebenau auch in ihrem Positionspapier for- Wohngruppe sind sehr heterogen. Allen gemeinsam wicklung kommen können und damit wieder Teil einer therapeutischen Außenwohngruppe möglich? Bereits muliert hat. (Siehe Seite 8) Eine sozialtherapeutische ist jedoch, dass die Bewohnerinnen und Bewohner Gemeinschaft sind. nach kurzer Zeit stellte sich leise ein Gefühl von Ernüch- Außenwohngruppe scheint möglich in Form einer schwere, sozialunverträgliche Verhaltensprobleme Dazu wird ein Rahmen geschaffen, der Sicherheit und terung ein. Bewährtes im alten Umfeld sorgte bei punktuellen Öffnung eines relativ geschlossenen Sys- entwickelt haben. Daher konnten sie im häuslichen Orientierung geben soll. Das bedeutet vor allem ein manchen Bewohnern für Stabilität, die nicht 1:1 über- tems. Fest steht laut Schlaich aber auch: „Nicht allen Umfeld beziehungsweise auf einer konventionell aus- hohes Maß an Struktur durch gleichbleibende Abläufe tragen werden konnte. Und nicht alle Bewohner kamen Betroffenen, die eine Versorgung in einer sozialthera- gestatteten Wohngruppe oder in Sonderschulen nicht und Transparenz von Regeln. Wichtig ist die Anbin- gut klar mit den neuen Herausforderungen, die eine peutischen Wohngruppe brauchen, kann man in einer mehr betreut werden. dung an eine ärztliche beziehungsweise psychiatrische Außenwohngruppe mit sich bringt, wie das unge- inklusiven Außenwohngruppe gerecht werden. Und wohnte, neue Umfeld, Begegnungen mit Fremden. nicht alle können davon profitieren. Das Schutz- und Voraussetzungen Kennzeichen einer Außenwohngruppe ist, dass sie in Fürsorgebedürfnis ist im Einzelfall für das Wohl der Betroffenen höher zu bewerten als die Teilhabe am voll-inklusiven gesellschaftlichen Leben.“ einem Umfeld verankert ist, das sich unterscheidet 58 59
Anstifter Jahresbericht 2015 Stiftu
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