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Auf Kurs 01/2022

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Geschichte Geschichten

Geschichte Geschichten aus 40 Jahren Geschichte 40 Jahre ist es her, dass in Ravensburg die Vision von einer inklusiven Arbeitswelt auf die Straße gebracht wurde. Genauer gesagt: an die Schwanenstraße. Auf der grünen Wiese entstand hier eines der ersten Berufsbildungswerke des Landes, das am 30. April 1982 offiziell eingeweiht wurde. Erinnern werden sich daran nur noch wenige Zeitzeugen, die Fotos der Einweihungsfeier zeigen ergraute Männer in grauen Anzügen. Unsere Spurensuche führte uns aber auch zu drei Mitarbeiterinnen, die damals noch am Anfang ihres beruflichen Werdegangs in der Stiftung Liebenau standen und dem BBW bis heute eng verbunden sind. Ihre Geschichten aus vier Jahrzehnten Bildungsarbeit haben sie für die Auf Kurs mit uns geteilt. Es ist 1979 und Veronika steht kurz vor ihrer Abschlussprüfung, als sie in das Büro des Vorstands gebeten wird. Nervös ist die 19-Jährige nicht, schließlich ist die Stiftung Liebenau ja so etwas wie ein Familienunternehmen und in der übersichtlichen Verwaltung begegnet sie den wichtigen Männern nahezu täglich. Trotzdem ist heute etwas anders, denn neben Helmut Staiber, dem Verwaltungsleiter, erwartet sie auch der Personalchef. „Wir würden Sie gerne übernehmen, vorausgesetzt, Sie möchten auch bei uns bleiben“, eröffnet Staiber freundlich. „Ja. Klar. Vielleicht in der Personalabteilung?“, antwortet die Auszubildende erwartungsvoll. „Naja, wir haben da etwas anderes mit Ihnen vor“, entgegnet ihr der Vorstand mit einem schmalen Grinsen. „Bitte nicht in den Einkauf“, denkt Veronika und wird plötzlich doch nervös. 6 1|2022

Geschichte Ein Traum aus Pappe Die Anfänge der beruflichen Teilhabe Die 70er-Jahre sind für die Behindertenhilfe eine Zeit des großen Umdenkens. 1969 wird mit der Einführung des §66 des Berufsbildungsgesetzes der politische Auftakt dazu gegeben, ein Jahr später lanciert die Bundesregierung das „Aktionsprogramms zur Förderung der Rehabilitation von Behinderten“. In der Stiftung Liebenau reagiert man schnell auf diese Entwicklung und bietet in den hauseigenen Handwerksbetrieben Förderlehrgänge und erste Fachwerker-Ausbildungen an. Von konkreten Prüfungsordnungen kann zu dieser Zeit jedoch noch keine Rede sein, oft wird der theoretische Teil lediglich vereinfacht. Vieles ist noch handgestrickt und eine rehapädagogische Zusatzausbildung – heutzutage selbstverständlich – hat keiner der alten Handwerksmeister, die ihr Können hier an die jungen Menschen mit Lernbehinderungen weitergeben. Das änderte sich in den Folgejahren, in denen qualifiziertes Personal eingestellt wird und sich die Arbeit im Bildungsbereich zunehmend professionalisiert, ehe in der Stiftung 1977 konkrete Pläne für ein eigenes Berufsbildungswerk in Ravensburg geschmiedet werden. Schon während ihrer Ausbildungszeit träumt Veronika Hirschmann davon, später mal in einer Zweigverwaltung zu arbeiten. Als Ur-Einwohnerin Liebenaus, ihr Elternhaus steht quasi im erweiterten Schlossgarten, wäre selbst das „Kinderdorf Hegenberg“, eine Bushaltestelle entfernt, eine willkommene Luftveränderung. Nur bloß nicht diese langweilige Einkaufsabteilung. „Zum Glück kam alles ganz anders“, sagt Veronika Hirschmann heute, gut 43 Jahre später, denn Helmut Staiber bietet ihr eine Stelle im Berufsbildungswerk an. „Für mich war das damals wie ein Goldmedaillengewinn bei Olympia“, erinnert sie sich so freudig, als hätte sich diese Geschichte erst gestern zugetragen. Einen kleinen Wermutstropfen hatte die Sache allerdings, denn das BBW existierte damals nur in den maßstabgetreuen Pappmodellen, die überall im Verwaltungsbereich aufgebaut waren. Der Architektenwettbewerb war noch nicht entschieden. „Um die Zeit zu überbrücken, wurde ich noch zwei Jahre als Springerin eingesetzt. Das war nicht immer so toll, aber ich hatte ja das große Ziel BBW vor Augen“, sagt sie. Im September 1981 betritt Veronika Hirschmann dann endlich ihr erstes eigenes Büro im BBW Adolf Aich in der Ravensburger Schwanenstraße. In den Händen hält sie einen Karton mit Büromaterial, dazu bekommt sie noch eine kleine Kasse, eher eine große Geldkassette, zum Einstand. Sie soll ihre ständige Begleiterin werden. 1|2022 7

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