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Auf Kurs 01/2017

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Wohnen im BBW

Wohnen im BBW Titelthema: Wohnen im Berufsbildungswerk Adolf Aich Lernort Wohnen: Startrampe fürs Leben 345 junge Menschen leben aktuell in den verschiedenen Wohnheimen, Außenwohngruppen und Apartments des Berufsbildungswerks Adolf Aich (BBW) – in Ravensburg selbst oder an Standorten in der ganzen Region. Dabei bietet ihnen das BBW mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Wie in Ausbildung oder Schule heißt es auch hier: Lernen fürs Leben! Viele Jugendliche drücken im BBW nicht nur die Schulbank und absolvieren eine Berufsvorbereitung, Ausbildung oder Qualifizierung, sondern leben auch hier – entweder gleich nebenan in einem der Internatsgebäude oder außerhalb des Geländes der Ravensburger Bildungseinrichtung. In verschiedenen Wohnformen lernen diese jungen Menschen, ihren Alltag möglichst selbstständig, eigenverantwortlich und sozial zu gestalten. Schlüsselqualifikationen, die auch im späteren Leben gefragt sind – sowohl beruflich als auch privat. Die Qualität des BBW-Wohnbereichs hat sich längst herumgesprochen: bei Eltern, Jugendlichen und Kostenträgern. Im Paket mit Ausbildung, Schule und Fachdiensten rüstet dieses Angebot des BBW die jungen Berufsstarter für ihre persönliche Zukunft. So dient der Wohnbereich den jungen Menschen als wichtiges Lern- und Übungsfeld: Wie gestalte ich sinnvoll meine Freizeit? Wie führe ich einen Haushalt? Wie komme ich mit anderen Menschen zurecht? Wie lerne ich, meinen Verpflichtungen in Schule und Ausbildung nachzukommen? Wie entwickle ich ein gesundes Selbstwertgefühl? Und wie finde ich meinen Platz in der Gesellschaft? „Lernort Wohnen“, so bringt Wolfgang Dreyer, Leiter des Bereichs Wohnen und Freizeit im BBW, das Vom Wohnheim zum Apartment So viel Unterstützung wie nötig, so viel Selbstständigkeit wie möglich: Das differenzierte und dynamische Wohnangebot des BBW orientiert sich an dem individuellen Bedarf und Entwicklungsstand des einzelnen Menschen – und stellt unterschiedlich hohe Anforderungen an die Selbstständigkeit. Werden die Jugendlichen anfangs im Aufnahmebereich von den pädagogischen Fachkräften noch intensiv betreut und unterstützt, sollen sie stufenweise immer selbstständiger zurecht kommen. Dafür stehen die verschiedensten Wohnformen zur Verfügung. So müssen die jungen Menschen in den Außenwohnhäusern, Wohngemeinschaften und Apartments je nach Lernfortschritt den Tagesablauf, Haushalt und Freizeit – unter Anleitung und mit Begleitung – weitestgehend selbst organisieren und die vereinbarten Verpflichtungen einlösen. Insgesamt umfasst der BBW-Bereich Wohnen aktuell 23 Standorte beziehungsweise Wohneinheiten: von Ravensburg bis Wangen, von Bad Waldsee bis Hegenberg – und zwar vom Internat bis zum Einzelapartment in der Stadt als quasi die erste eigene Wohnung. Dabei agiert das BBW sowohl als Träger der beruflichen Rehabilitation als auch der Jugendhilfe. Konzept auf den Punkt. Von der Mülltrennung bis zum Behördengang, vom Umgang mit dem eigenen Geld bis hin zum Einkauf für die WG-Küche – im Alltag lernen die Jugendlichen, Schritt für Schritt immer selbstständiger für sich zu sorgen, sich soziale Kompetenzen anzueignen, Tagesstrukturen zu verinnerlichen und Verantwortung zu übernehmen. Das ist wichtig mit Blick auf die Zukunft, auf Teilhabe an Gesellschaft und Arbeitsleben. Das hilft ihnen aber schon während ihrer Zeit als Schüler und Azubi. „Unser Wohnkonzept trägt sicher mit entscheidend dazu bei, dass die Jugendlichen ihre Ausbildung erfolgreich absolvieren“, betont Dreyer. Hohe Nachfrage nach Plätzen Und so ist die Nachfrage nach Wohnheimplätzen im BBW in den letzten Jahren enorm gestiegen. Längst reichen dafür die Kapazitäten des eigenen Internates nicht mehr aus. Doch das ist nur ein Grund, warum die Ravensburger Bildungseinrichtung auf Dezentralisierung setzt und Wohnungen und Häuser außerhalb des eigenen Geländes anmietet. „Sozialraumorientierung, Teilhabe und Inklusion – das sind die Kriterien, nach denen wir weiteren Wohnraum suchen“, erklärt Wolfgang Dreyer. Und so stellt sich der BBW-Wohnbereich schon seit Jahren immer vielfältiger auf. Neben den Internatsgebäuden auf dem Gelände des BBW-Hauptsitzes in der Ravensburger Schwanenstraße gibt es weitere Außenwohnhäuser in der Schussental-Metropole selbst – wie der schmucke Altbau in der Karlstraße (siehe nächste Doppelseite) – oder in Teilorten. Aber auch in anderen Gemeinden der Region, etwa in Meckenbeuren, Vogt oder Bad Waldsee, leben BBW-Jugendliche so selbststän- 4 | Auf Kurs Dezember 2016

dig und gemeindeintegriert wie möglich. Die Stadtnähe hat für jeden so seine eigenen Vorteile: Die einen schätzen die guten Einkaufsmöglichkeiten oder den kurzen Weg ins Kino. „Für einen Autisten ist dagegen die Bücherei wichtiger“, so Dreyer. Neuer Standort Wangen Jüngster Standort ist Wangen im Allgäu. Im September 2016 zogen dort mehr als 20 junge Menschen, darunter einige Autisten, in das ehemalige Seniorenzentrum „Sonnenhof“ ein. Teile dieses zuletzt ungenutzten Gebäudes wurden vom BBW gemietet. Wie „normale“ Arbeitnehmer auch pendeln die BBW-Azubis von dort aus jeden Werktag mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Ravensburg. Auch das macht selbstständig. „Wenn sie es schaffen, während ihrer zwei- bis dreijährigen Ausbildung morgens immer pünktlich im BBW zu sein, dann kommen sie auch in ihrem späteren Job immer zuverlässig zur Arbeit“, meint Dreyer. Und bisher klappe das mit den Wangener Azubis sehr gut. Gute Nachbarschaft Dezentralisierung heißt aber auch: Die Jugendlichen leben nicht im Heim auf der grünen Wiese, sondern mittendrin im Ort, wo es auch Nachbarn gibt. Da gilt es, von vorne herein etwaige Vorbehalte auszuräumen und auf ein gutes Miteinander zu setzen. „Wir haben überall feste Ansprechpartner, die Anwohnern bei Fragen zur Verfügung stehen und mit diesen auch das Gespräch suchen“, betont Dolores Garcia, stellvertretende BBW-Internatsleiterin. Das funktioniere gut. Ein Beispiel: eine Viererwohngruppe in einem Haus in der Ravensburger Weststadt. „Die Jugendlichen leben dort wie in einer normalen WG“, berichtet Garcia über das Leben in diesem Wohnblock: „Und da gab es noch nie Beschwerden.“ Langweilig wird es den Jugendlichen im Wohnbereich des BBW sowieso nicht. Lebensmittel einkaufen, gemeinsam kochen, sich selbstständig versorgen können: Auch das lernen Jugendliche im Wohnbereich des Berufsbildungswerks Adolf Aich (BBW), wie hier auf dem Bild im Außenwohnheim in der Ravensburger Karlstraße. Foto: Kranz Neben den gemeinsamen Gruppenaktivitäten gibt es zahlreiche Freizeit- und Förderangebote: Lernabende zum Beispiel, und dann natürlich die vielen AGs – Fußball, Klettern, Musik oder Segeln, diverse kreative und erlebnispädagogische Angebote, das Bistro als Treffpunkt und Veranstaltungsraum oder spezielle Freizeitprogramme für Autisten. Wichtig sei, dass die Angebote vor Ort stattfinden. Also auch in den Außenwohnheimen. „Oder wir schauen, dass wir unsere Leute an bestehende Angebote im Sozialraum andocken“, so Dreyer. Freizeitgestaltung ist für einige der BBW-Jugendlichen auch samstags und sonntags ein Thema. Denn nicht alle fahren übers Wochenende nach Hause, gerade wenn es dort eng zugeht: „Die wollen dann nicht bei den Eltern auf dem Sofa übernachten“, weiß Dolores Garcia. Mitbewohner: Es muss passen Bei der Belegung der Gruppen und Häuser schaue man darauf, den einzelnen Bewohnern ein passendes Umfeld zu verschaffen. So gibt es eher aufgeweckte Häuser, in denen das jugendliche Leben tobt, während sich ein Autist dort überhaupt nicht wohlfühlen würde und eher Rückzugsmöglichkeiten braucht. Auch das Alter spielt eine Rolle. „Wir haben immer mehr Teilnehmer, die bei uns im BBW erst mit Anfang oder Mitte 20 eine Maßnahme beginnen“, so Dreyer. „Die passen dann nicht unbedingt in eine Wohngruppe mit lauter 16-jährigen Teenagern.“ Und auch nicht unbedingt in das Setting eines großen Internats. „Wir passen unser Wohnangebot immer den Bedürfnissen der einzelnen Menschen an“, betont Dreyer. Und die seien eben immer unterschiedlicher: „Die ganze Komplexität, die im BBW abgebildet wird, schlägt sich auch im Wohnbereich nieder.“ Vom Förderschüler mit Lernbehinderung über den Asperger-Autisten bis zur Ex- Gymnasiastin mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Die Azubis im BBW werden immer vielfältiger, der Anteil von Jugendlichen mit einer psychischen Störung immer höher. „Diesen Wandel bei den Teilnehmern bemerken wir auch im Wohnbereich“, bestätigt Dolores Garcia. Umso mehr gefragt ist das Know-how der BBW-Mitarbeiter. Und seit einigen Jahren ist die Bildungseinrichtung sogar noch bunter geworden: Im Rahmen der Jugendhilfe hat das BBW zahlreiche jugendliche Flüchtlinge aufgenommen. Auch sie leben im BBW-Wohnheim und in verschiedenen Außenwohnungen. Auch sie benötigen und bekommen individuelle Förder- und Unterstützungsangebote. Christof Klaus Auf Kurs Dezember 2016 | 5

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