Schwerpunkt Was bedeutet Arbeit für den Menschen? Soziale Berufe haben einen hohen Mehrwert im Leben Im Laufe ihres Berufslebens reflektieren viele erwerbstätige Menschen regelmäßig ihr tägliches Tun. Hiermit verbundene Fragen können lauten: Mache ich meinen Job (immer noch) gerne? Steht der Verdienst im Vordergrund? Empfinde ich meine Entlohnung als angemessen? Stimmt das Verhältnis von Arbeit und Freizeit für mich? Ist meine Arbeitsbelastung in Ordnung? Oder: Warum überhaupt (noch) arbeiten? Neben der persönlichen Lebens- und Arbeitssituation löst auch die sich wandelnde Arbeitswelt bei vielen Menschen solche Fragen aus. Neue Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung durch mobiles Arbeiten, flexible Arbeitszeitmodelle, neue agile Arbeitsformen in der Team- oder Projektarbeit sind für die einen attraktiv, für andere wiederum weniger ansprechend. Die Möglichkeiten der Digitalisierung oder der sich rasant fortentwickelnden Künstlichen Intelligenz (KI) können einerseits die Arbeit in vielen Tätigkeitsfeldern unterstützen – andererseits stehen hierdurch manche Berufe und ganze Branchen vor einem Umbruch oder in der bisherigen Form vor dem Aus. Hinter diesen Fragen und den skizzierten Entwicklungen steht im Kern in den meisten Fällen häufig eine ganz grundsätzliche Frage: Was bedeutet Arbeit für mich, für den Menschen überhaupt? Ein Ansatz für die Beantwortung dieser Frage findet sich in der Arbeit der österreichischen Sozialpsychologin Marie Jahoda (1907 – 2001). In den Theorien ihrer Hauptwerke (Die Arbeitslosen von Marienthal; Wie viel Arbeit braucht der Mensch?) definiert sie Arbeit als einen Akt des Tätigseins, der tiefer liegende menschliche Bedürfnisse befriedigen kann. Erwerbsarbeit dient einerseits ökonomisch als sogenannte „manifeste Funktion“ zunächst der Sicherung des Lebensunterhalts. Anderseits erfüllt sie sogenannte „latente Funktionen“. Arbeit erfüllt demnach neben der Entlohnung diese latenten Funktionen – oder anders formuliert – Prinzipien, die individuell unterschiedlich stark ausgeprägten, menschlichen Grundbedürfnissen entsprechen. Sind diese abwesend oder nicht erfüllt, fehlt den meisten Menschen sehr viel. In der Realität unserer Lebens- und Arbeitswelt ist das Verhältnis dieser Prinzipien zueinander vielschichtig. Vor diesem Hintergrund: Was also bedeutet Arbeit für den Menschen? Ein Blick auf diese Prinzipien kann erste hilfreiche Anhaltspunkte bei der Beantwortung dieser Frage geben. Und er zeigt auch: Soziale Berufe haben hinsichtlich der Erfüllung der menschlichen Grundbedürfnisse sehr viel zu bieten. (ud) Funktionen der Erwerbsarbeit* • Zeitstruktur • Sozialer Kontakt • Kollektiver Zweck • Status und Identität • Aktivität *nach Martina Beham-Rabanser et al. 2022 14 anstifter 2 | 2023
Schwerpunkt Der Funke sprang sofort über Laura Decker und Franzi Fritz lernten sich auf einer Messe kennen und den Kontakt aufzunehmen. An den Fragen erkennt Laura Decker, ob jemand aufrichtig interessiert ist. „Bei Franzi Fritz ist der Funke sofort übergesprungen“, berichtet Laura Decker über ihre erste Begegnung am Messestand. Sie informierte über Erfahrungen, die sie selbst als Jugend- und Heimerzieherin sammelte. In der Lukas-Klinik ist Decker immer ganz nah dran an den Auszubildenden. Immer ist sie im Kontakt mit ihnen, begleitet sie selbst in die Wohngruppen und gibt Orientierung. Genau diese Eigenschaften schätzt Franzi Fritz: „Dass es einen Menschen gibt, an den ich mich immer wenden kann.“ Macht seit August eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin: Franzi Fritz (rechts) und die Nachwuchsbeauftragte der St. Lukas- Klinik Laura Decker. Die gelernte Jugend- und Heimerzieherin Laura Decker ist Nachwuchsbeauftragte der St. Lukas-Klinik. Dafür besucht sie Schulen, begleitet Bildungsmessen, auch die in Ravensburg am 11. Februar 2023. Dort traf sie Franzi Fritz. Die 28-Jährige kam aus dem kaufmännischen-technischen Bereich und wollte sich beruflich komplett neu orientieren. Am Stand der Stiftung Liebenau hörte sie zum ersten Mal vom Beruf der Heilerziehungspflege. „In der Heilerziehungspflege geht es um die Möglichkeit, sich selbst als Individuum in die Arbeit einzubringen“, informiert Laura Decker. „Wir sind keine typischen Pfleger. Wir begleiten die Menschen ganz individuell und immer im Rahmen ihrer Fähigkeiten.“ Der interdisziplinäre Austausch ist ihr wichtig. Nie werden die Mitarbeitenden sich selbst überlassen, sind immer in ein Team eingebunden. Doch wie vermittelt man dies auf einer Bildungsmesse? Mit kleinen Ratespielen lädt Laura Decker an den Stand der Stiftung Liebenau ein. Damit nimmt sie jungen Menschen die Scheu, den Stand zu besuchen Hospitation als Einstieg Schon drei Wochen nach der Messe hospitierte die junge Frau in der St. Lukas-Klinik und war begeistert. Genau diesen menschlichen Kontakt vermisste sie in ihrer bisherigen beruflichen Laufbahn. Schon bald erkannte sie, dass es immer eine Prise Humor braucht. „Die Begleitung unserer Klienten erfordert Fingerspitzengefühl und eine Portion Leichtigkeit“, unterstreicht Laura Decker. Manchmal müsse es auch schnell gehen und Entscheidungen müssen ad hoc getroffen werden. Laura Decker ist es eine Herzensangelegenheit, für eine Hospitation oder für ein Praktikum in der Stiftung zu werben: „Es ist ein persönlicher Gewinn, eine Lebenserfahrung.“ Auch wenn nicht jeder Hospitierende sich für eine Ausbildung im sozialen Bereich entscheidet: „Sie nehmen eine Erfahrung mit, die auf menschlichen Begegnungen beruht. Sie lernen, Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen und Absprachen zu treffen.“ Franzi Fritz war schon nach ihrer Hospitation überzeugt: „Hier bin ich richtig.“ Sie entschied sich für den Beruf der Heilerziehungspflege und meldete sie sich zum sozialen Praktikum an. „Jede Art von Praktikum ist für die Berufsfindung wichtig“, informiert Laura Decker. Unabhängig davon ob es sich um ein Tages-, Schul-, freiwilliges oder Vorpraktikum handelt. Jeder Praktikant ist willkommen. Franzi Fritz ist von der Vielfalt angetan. Sie hat in der St. Lukas-Klinik Menschen kennengelernt, die interessant sind, manchmal eine Herausforderung. Kein Tag sei gleich. Das schätzt sie an ihrer neuen Arbeitsstelle, und dass sie Menschen gefunden hat, denen sie vertrauen kann wie Laura Decker. Seit August wirkt Franzi Fritz als Auszubildende in der Lukas-Klinik mit. (ls) anstifter 2 | 2023 15
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