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Anstifter 2, 2019 der Stiftung Liebenau Österreich

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Praxis aus OBERÖSTERREICH In Kunst und Küche von- und miteinander lernen Projekt „Jung trifft Alt“ läuft weiter GMUNDEN – Der Jüngste ist 14, die Älteste 94 Jahre alt: Immer donnerstags treffen sich Jugendliche der Neuen Mittelschule Gmunden mit Seniorinnen und Senioren des Hauses St. Josef. Während sie zeichnen, malen, gestalten oder auch kochen und backen, kommen sie ins Plaudern und erfahren so einiges voneinander. Offiziell wurde das Projekt „Jung trifft Alt“ Mitte März nach drei Jahren abgeschlossen, läuft aber auf Wunsch aller Beteiligten und Erich Auer, Gesundheitsreferent der Stadt Gmunden, bis auf Weiteres weiter. „Man denkt, man kann nicht malen. Aber wenn man es dann macht, kann man es schon. Es sind keine Kunstwerke, aber es macht Freude“, erklärt eine Seniorin ihre Begeisterung. 20 anstifter ÖSTERREICH 2 | 2019

Praxis aus OBERÖSTERREICH Wer macht was? Die Arbeitsteilung beim Gestalten eines Baumes muss natürlich vorher besprochen werden. Freude und Vorfreude: Dem Spaß beim gemeinsamen Backen folgt der Genuss beim gemeinsamen Verspeisen. Wer nicht mehr dran gedacht hat, erfährt es spätestens beim Frühstück: Heute ist Donnerstag. Heute haben wir wieder Besuch von den Schulkindern und malen zusammen. „Dann ist die Vorfreude groß und einige Bewohnerinnen und Bewohner wollen am liebsten gleich in die Kunstwerkstatt im ersten Stock“, schmunzelt Hausleiter Thomas Adler. Gemeinsam mit den schon Anwesenden bereitet Projektleiterin Angelika Trawöger dann schon mal die Arbeitsplätze vor und spitzt die Stifte an. Um zehn Uhr ist es soweit: Mal kommen fünf, mal sechs Jugendliche aus der Neuen Mittelschule Gmunden (NMS). Zusammen mit den älteren Menschen bilden sie eine Gruppe von maximal zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmern. „Damit sich Beziehungen entwickeln können, sollten dieselben Schüler und Bewohner möglichst lange zusammenarbeiten. Das hat sich gut eingespielt“, berichtet Angelika Trawöger. „Mir ist es wichtig, immer eine Arbeit zu haben.“ Bewohner Johann Nowotny, 83 Jahre Plaudern und Pinseln Nach dem gegenseitigen Begrüßen wird besprochen, wer wie weiterzeichnet, -malt oder -gestaltet. So sind die meisten schon im Gespräch, noch bevor sie Pinsel oder Stift zur Hand genommen haben. „Die älteren Menschen sind zwar manchmal etwas zerstreut, haben aber viel zu erzählen. Das gefällt mir“, sagt eine Schülerin. „Man denkt, man kann nicht malen. Aber wenn man es dann macht, kann man es schon. Es sind keine Kunstwerke, aber es macht Freude“, erklärt eine Seniorin ihre Begeisterung. Das Thema wird von den Schülerinnen und Schülern vorgegeben; „Aus dem Rahmen“ lautet es aktuell. „Diesem Miteinander von generationenübergreifendem Arbeiten und sozialem Lernen gebührt ein festlicher Abschluss“, betont Doris Kollar-Plasser, Regionalleiterin in der Stiftung Liebenau. „So ist das jährliche Thema auch immer Titel für die Ausstellung, die von Januar bis März im darauffolgenden Jahr im Rathaus Gmunden von Schulleiter Roman Herbst organisiert wird. Rund 70 Gäste waren zur letzten Vernissage gekommen, darunter auch einige unserer Seniorinnen und Senioren, die viel Freude beim Betrachten der (eigenen) Werke hatten.“ „Wir wollen Menschen mit Demenz wieder in unsere Mitte zurückholen. Im Haus St. Josef erfahren unsere Schülerinnen und Schüler, wie verbindend ein solcher Kontakt sein kann.“ Schulleiter der Neuen Mittelschule Gmunden, Roman Herbst Von der Rezeptaufgabe zum Backgeheimnis Auch zu besonderen Gelegenheiten kommen die Schülerinnen und Schüler der NMS ins Haus St. Josef, um gemeinsam mit den älteren Menschen zu kochen oder zu backen: Je zwei bis drei Jugendliche und drei Bewohnerinnen und Bewohner bilden eine Gruppe. Jede Gruppe wird von einer Pädagogin der NMS und einer Betreuerin aus dem Haus St. Josef begleitet. Schon Tage vorher erhalten die 14- bis15-Jährigen eine Rezeptaufgabe. Bis zum Treffen im Haus St. Josef formulieren sie die einzelnen Arbeitsschritte aus, rechnen die Mengenangaben auf 16 Personen hoch – so viele Bewohnerinnen und Bewohner leben in einer Hausgemeinschaft– und erstellen eine Einkaufsliste. Wenn die Schüler am Donnerstag kommen, können sie die Zutaten dem hauseigenen Lebensmittelvorrat entnehmen. Die letzten Backgeheimnisse erfahren sie dann von den Bewohnerinnen selbst, die oft ein Leben lang mit Leidenschaft gebacken haben. (eb) „Ich bin gerne in netter Gesellschaft; es ist eine Abwechslung im Alltag.“ Bewohnerin Eveline Stranzinger, 83 Jahre anstifter ÖSTERREICH 2 | 2019 21

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