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Anstifter 2, 2016 der Stiftung Liebenau

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Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Altenhilfe, Behindertenhilfe, Bildung, Gesundheit, Familie und Dienstleistungen.

Weites Land Foto:

Weites Land Foto: ©kevron2001 – Fotolia.com von Prälat Michael H. F. Brock Es war einmal ein Mann, der von einem Tag auf den anderen beschenkt wurde. Ein weites Land ward ihm geschenkt. Blumen und Gärten nannte er fortan sein eigen. Und wie sehr freute er sich über dieses Geschenk des Lebens. Gern betrachtete er es von einem hohen Berg. Er sah die Täler und Felder, die Wälder und Seen, die Bäche und Weinberge, die Rosenplantagen und eine kleine Siedlung mit Häusern aus Stein. Tiere lebten in den Wäldern und wenige, meist ältere Menschen, in den wenigen Häusern. Als er das weite Land bereiste, am ersten Tag, wurde es in ihm immer unruhiger. Mehr noch: Ihm wurde angst und bange. Die Felder lagen brach. Keiner hatte sie gepflügt und niemand hatte gepflanzt. Die Täler waren unzugänglich. Kein Weg führte hinunter zu den Bächen. Die Weinberge waren verwildert, die Weinstöcke nicht beschnitten. Die Rosenplantagen wucherten über vor Unkraut und die Fenster der Steinhäuser waren zumeist eingeschlagen, und die Dächer schienen undicht zu sein. Müde und voller Verzweiflung setzte sich der Mann an den Fuß einer Eiche, weinte erbärmlich, denn er spürte, er würde die Kraft nicht aufbringen, das weite Land zu bestellen. Ganz geschweige von den Tieren, die er niemals würde pflegen können. Es war alles zu groß, zu viel. Er habe doch nur zwei Hände, zwei Füße, zwei Augen und Ohren, nur einen Kopf zum Denken und auch nur ein Herz. Er spürte die Nähe einer Stimme in seinem Herzen, trocknete für einen Augenblick die Tränen in seinen Augen und lauschte der Stimme. Ja, mein Freund. Alles zusammen ist zu viel. Du kannst nicht alles, und nicht alles auf einmal. Versuche ein Rehkitz zu beschützen. Pflanze so viel an, wie du für ein Leben brauchst. Dazu brauchst du nicht den ganzen Acker bestellen. Beschneide eine Weinrebe und sorge dich um eine Rose. Leg einen Weg an ins Tal und hole am Tag einen Krug Wasser. Richte ein Zimmer in einem Haus für dich her, und repariere die Fenster und das Dach für diesen einen Raum. Wird der, der mir das weite Land geschenkt hat, nicht gram sein, wenn er mitbekommt wie wenig ich pflegen und hegen kann? Fragte er und die Stimme antwortete leis‘ und sanft. Du törichter Mensch. Glaubst du, der, der dir das Land gab, wusste nicht, dass es für einen einzelnen zu viel würde? Mach du das deine und schau was geschieht. Und tatsächlich. Bald schon fand er neben seinem Rosenstrauch einen zweiten, der von einem anderen gepflegt wurde. Es graste neben seinem Rehkitz bald ein zweites. Mit der Zeit fand er den Weinberg bestellt und die Häuser wurden bewohnt. Es waren all jene zurückgekehrt, die bislang das Geschenk des weiten Landes abgelehnt hatten, weil es ihnen zu viel erschien, die Arbeit zu mühsam und der Erfolg ausgeschlossen. Bis sie sahen, wie jener, dem das Land anvertraut worden war – unter Tränen zwar – nur das seine machte, nur das was er wirklich vermochte. Und sie sahen, wie ein Rosenstrauch in Blüte stand. Nur einer. Seiner! Und sie taten es ihm gleich bis das weite Land wieder in Blüte stand – bis heute. Wenn jeder nur an seinem Ort mit Menschen, die ihm geschenkt sind, das tut, was er vermag, dann geschehen Wunder und das Lachen kehrt heim. Und in den Tälern erklingen Lieder von Freude und Glück. 14 Stiftung Liebenau

Vom Wunsch zu sterben Neue Impulse zum Thema „Assistierter Suizid“ von Dr. Ingo Proft VALLENDAR – Zu einer gemeinsamen Fachtagung zum Thema „Assistierter Suizid“ hatten im Oktober 2015 das Ethik-Institut an der Philosophisch- Theologischen Hochschule in Vallendar und der Kooperationskreis Ethik, dem auch die Stiftung Liebenau angehört, eingeladen. Experten aus verschiedenen Disziplinen waren eingeladen, um aus unterschiedlicher Perspektive den gesellschaftlich kontrovers diskutierten assistierten Suizid in den Fokus zu nehmen Es sei die Aufgabe der Gesellschaft für den Schutz des Menschenlebens einzutreten, so der Kärntner Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz. Der Bischof forderte einen flächendeckenden Ausbau und eine nachhaltige Finanzierung der palliativmedizinischen Versorgung. Außerdem sei eine entsprechend interdisziplinäre Ausbildung zu schaffen und zu fördern. Vor den Folgen, die sich aus der Freigabe eines assistierten Suizids ergäben, warnte er eindringlich, denn es sei eine schwierige Gratwanderung zwischen einem Recht zu sterben, wenn man es sich wünscht, und einer Pflicht zu sterben. Auch Dr. Bruno Schmid ließ keinen Zweifel daran, dass die Bitte um Beihilfe zur Selbsttötung ein ethi- sches Dilemma für den Begleiter darstelle. Der Theologe und Vorsitzende des Ethikkomitees der Stiftung Liebenau leitete diese Einschätzung aus der christlichen Ethik und den damit verbundenen humanund sozialwissenschaftlichen sowie anthropologischen Perspektiven her. Das Dilemma, in das jeder gerate, der um Suizidbeihilfe gebeten wird, spitze sich für den Christen in einer besonderen Weise zu, so Schmid, da das Gewissen vor sich selbst und vor Gott zu prüfen sei. Der breit gefächerte Beitrag von Prof. Dr. Klaus Feldmann, ehemaliger Professor für Soziologie an der Universität Hannover, legte dem Tagungspublikum dar, wie wichtig die Begriffsbestimmung und das Überdenken von gefestigten Standpunkten der Gesellschaft im Zusammenhang sei. Aus dem juristischen Blickwinkel fügte der Staatsrechtler Prof. Dr. Wolfram Höfling, Direktor des Institutes für Staatsrecht an der Universität Köln, der aktuellen Debatte rund um das Thema Sterbehilfe einige verfassungsrechtliche Aspekte hinzu. Der Psychoanalytiker Dr. Erich Lehner von der Universität Klagenfurt erläuterte die Hintergründe, die bei einem Sterbewunsch gegeben sein können. Dieser sei als komplexes Phänomen zu verstehen. Der geäußerte Wunsch sei die Antwort auf physisches, psychisches oder soziales Leiden und müsse auf seine Ursachen, seine Funktion und seine Bedeutung hin analysiert werden. Dies sei nur möglich, wenn zum Menschen mit Sterbewunsch durch den Begleiter eine starke und intensive Beziehung aufgebaut werden kann. Dr. Berthold Broll, Vorstand der Stiftung Liebenau, freute sich über die gelungene Zusammenarbeit, die die Fachtagung „Assistierter Suizid“ am 13. Oktober ermöglichte. Foto: Ethik-Institut Vallendar Stiftung Liebenau 15

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