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Anstifter 1, 2022 der Stiftung Liebenau

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Stiftung Liebenau Das Anderssein der anderen von Prälat Michael H. F. Brock Tief durchatmen! Das Anderssein der anderen macht auch im 21. Jahrhundert manchen Menschen, Nationen, Kulturen und Religionen bis heute noch Probleme. Warum eigentlich? Männer und Frauen unterscheiden sich, Ethnien tun es, Religionen und Kulturen sind voneinander verschieden. Warum ängstigen sich so viele Menschen vor der Vielfalt? Eine mögliche Antwort: Weil wir fremdeln mit dem Fremden. Und wie im Säuglingsalter kann das Fremdeln sogar Panikreaktionen auslösen. Fremde Umgebung, fremde Menschen, fremdes Aussehen, fremdes Geschlecht, fremde Gewohnheiten, fremde Sprachen, fremde Vorstellungen von Gott und der Welt: Ich könnte eine ganze Seite füllen mit Fremdheiten, die Panik auslösen. Und also bleiben viele im Gelernten, Gewohnten gerne zuhause. Die Folge allzu oft ist Ausgrenzung oder mindestens Abgrenzung. Der Ruf nach Respekt oder Toleranz vor dem Anderssein der anderen ist mir in diesem Zusammenhang viel zu klein gedacht. Respekt gefällt mir schon ganz gut, weil er mit Wertschätzung einhergeht, während Toleranz meist bei einem höflichen Ertragen stehen bleibt. Aber ich möchte mehr. Ich wähle den Ansatz, dass ja nicht nur die anderen anders sind, sondern dass ich mir bereits als Mensch schlechthin ein Fremder bin. Ich komme auf die Welt und bin nicht in der Lage, mich selbst zu verstehen. Ich erlebe mich angewiesen, bedürftig, ausgeliefert, im besten Fall angenommen, befriedigt und geborgen. Aber wer ich bin und wie ich mich zu mir und anderen stellen werde als Heranwachsender und Erwachsener, kann ich als kleines Kind weder begreifen noch erfassen. Die meisten Eltern tun im besten Falle intuitiv das Richtige. Sie nehmen ihr Kind an, wie es ist, und stillen die Bedürfnisse: Nähren, Kleiden, Beschützen, Hegen und Pflegen, Mahnen und Regeln, Lieben und Liebkosen. Und wir selbst? Wenn wir ehrlich sind, müssen wir uns im Laufe des Lebens ständig eingestehen, dass wir Fremdes in uns selbst entdecken. Fremdes, das meist keine Eindeutigkeiten kennt. Vermeintlich wachsen wir aus der Bedürftigkeit heraus und werden selbstständig und bleiben es doch, bedürftig. Wir erlernen Nationales, Religiöses und verorten uns gleichzeitig doch zeitweise oder dauerhaft in selbstgewählter Beheimatung, oft auch in vorherig Fremdem. Wir werden als Mann oder Frau geboren und erleben feminine und maskuline Züge des jeweils anderen. Wir leben Religion und erleben uns gläubig und ungläubig, je nach Zeit und Umständen. Die meisten erleben sich gesund, und das Kranksein macht uns selbst zu einem Fremden in uns selbst. Ob wir uns selbst als fremdartig oder definiert durch natürliche Vielfalt begreifen, ob wir uns vor uns selbst ängstigen oder uns in unserer eigenen Fremdheit annehmen und uns selbst lieben lernen, entscheidet darüber, ob wir auch das Anderssein der anderen als befremdlich oder liebenswert begreifen werden. Ich entdecke jedenfalls immer neue Seiten an mir und freue mich darüber, wie ich mich freue, in der Verschiedenheit der Welt immer das Liebenswerte zu entdecken. 8 anstifter 1 | 2022

Stiftung Liebenau Weiterhin in guten Händen Stabwechsel in der Akademie Schloss Liebenau Bilden, beraten, entwickeln: Das sind die Kernaufgaben der Akademie Schloss Liebenau, die Willibald Hafner-Laux bis vor kurzem leitete. In 31 Jahren hat er die Personal- und Organisationsentwicklung der Stiftung Liebenau mitbegleitet und mitgeprägt. Seit Anfang Februar leitet Johanna Langkrär (s. S. 19) die Akademie allein. Mit dem Auftrag Mitarbeitende zu bilden und zu qualifizieren gestartet, erweiterte er gemeinsam mit dem ehemaligen Stiftungsmitarbeiter Dr. Hans-Martin Brüll das Grundverständnis der Abteilung. „Die Vermittlung von persönlichen, sozialen und fachlichen Kompetenzen wirkt nachhaltiger, wenn gleichzeitig die strukturellen und kulturellen Rahmenbedingungen der Stiftung Liebenau als Organisation mitbedacht und mitentwickelt werden“, so Hafner-Laux. Aus dieser Grundausrichtung wurde ein vielfältiges, innovatives und passgenaues Angebot der Akademie gestaltet, das die Interessen der Mitarbeitenden für die Gestaltung der Arbeit und die Anpassung der Organisation an gesellschaftliche Veränderungen berücksichtigt. Das Wachstum der Stiftung Liebenau und die weitere Differenzierung der Zielgruppen mit den entsprechenden Konzeptionen spiegelt sich im jährlichen Fortbildungsprogramm wider. Waren es 1990 noch rund 550 Teilnehmende, hatte die Akademie vor der Pandemie um die 3600 jährlich. Neben der Bildungs- ist die Entwicklungsarbeit das zweite Standbein der Akademie. In zahlreichen Klausurtagen in unterschiedlichen Konstellationen wurden Konzepte überprüft, weiter- und neu entwickelt, Fallbesprechungen zum Verstehen der Klienten supervidiert, Rollen und Konflikte in der Zusammenarbeit geklärt, Prozesse und Abläufe optimiert und Strategien angesichts der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen entworfen. Das Bildungsmanagement und die Beratung der Entwicklungsprozesse waren die Haupttätigkeiten von Hafner-Laux. „Zur Organisation der Veranstaltungen und Kontaktgestaltung mit den Dozierenden hat das sehr engagierte, kooperative und kompetente Akademieteam wesentlich beigetragen“, sagt Hafner-Laux im Rückblick. Die interne Beraterrolle personen- und systemorientiert in komplexen und auch widersprüchlichen Veränderungsprozessen in einem Sozialunternehmen zu gestalten, sei eine ständige persönliche Entwicklungsaufgabe. Hafner-Laux bezeichnet sich als jemand, der das Lernen gelernt hat und an der Aufgabe gewachsen ist. Mit Blick auf die 31 Jahre resümiert er: „Es bleibt eine erfüllte Zeit mit vielen intensiven Begegnungen, gespürtem Vertrauen, einer Menge an anstrengender und zufriedenstellender Arbeit und die Gewissheit, dass ich am richtigen Ort war. Dafür bin ich dankbar und danke allen herzlich.“ Johanna Langkrär leitet die Akademie Schloss Liebenau jetzt allein. Sie war bereits seit 2017 als stellvertretende und dann als Co-Leiterin im Akademieteam. Sie hat Kulturwirtschaft und Management in Nonprofit-Organisationen mit den Schwerpunkten Soziologie und Change-Management studiert, ist Gruppendynamische Leiterin (IMS/DGGO) und war von 2015 bis 2017 Assistentin des Vorstands. (sdg) Willibald Hafner-Laux, der ehemalige Leiter der Akademie Schloss Liebenau, geht in Rente. anstifter 1 | 2022 9

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