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Anstifter 1, 2017 der Stiftung Liebenau

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Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Bildung, Familie, Gesundheit, Lebensräume, Pflege, Service und Teilhabe.

Stiftung Liebenau Teilhabe Leben, wo die Wurzeln sind Regionalisierung von Wohnangeboten hilft Bewohnern und ihren Familien Ein oft gehegter Wunsch von Eltern ist, dass die Kinder in ihrer Nähe leben. Hat ein Angehöriger eine Behinderung, ist dieser Wunsch mitunter noch stärker. Auch Menschen mit Behinderung wollen gerne dort leben, wo ihre Wurzeln sind. Durch die Regionalisierung von Wohn- und Förderangeboten kann dies künftig zur Realitätwerden. Die Stiftung Liebenau entwickelt zusammen mit einigen Landkreisen entsprechende Angebote und setzt diese in verschiedenen Gemeinden und Städten sukzessive um. Beispiel für Regionalisierung: Das Wohnhaus in Uhldingen-Mühlhofen. Es bietet 24 Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, in ihrer Heimatgemeinde zu leben. Karl-Heinz W. (Name geändert) lebt seit vielen Jahren in Liebenau. Seine betagten Eltern treffen ihn nur noch einmal im Jahr zu einem ausgemachten Zeitpunkt. An eine selbstständige mehrstündige Auto- oder Bahnfahrt ist für sie nicht mehr zu denken. Würde der Sohn in ihrer Nähe leben, könnten Treffen einfacher organisiert werden. Auch jüngere Familien wünschen sich, dass ihre Kinder mit Behinderung – egal ob minderjährig oder erwachsen – in ihrer Nähe leben. „In Singen haben sich die Eltern sehr stark für ortsnahe Angebote eingesetzt“, schildert Bernhard Hösch ein Beispiel. Er ist für die neuen regionalen Projekte bei der Stiftung Liebenau Teilhabe zuständig. So wird nach längerer Vorlaufzeit in Singen ein sozialtherapeutisch gestütztes Wohnhaus für 27 Menschen mit Behinderung entstehen. Hier können auch Menschen mit einem höheren Unterstützungsbedarf leben. Außerdem soll in dem Haus ein Kurzzeitplatz sowie Wohnraum für drei Mütter mit Kindern im Rahmen der begleiteten Elternschaft geschaffen werden. Parallel wird in der Stadt eine Förder- und Betreuungsstätte gebaut, in die Menschen mit Behinderung tagsüber kommen können und im Rahmen einer individuellen Tagesstruktur gefördert werden. Vielerorts entsteht Neues So wie in Singen gibt es derzeit an vielen Orten Bauaktivitäten der Stiftung Liebenau. Grundlage für die Entwicklung solch dezentraler Angebote ist die UN-Behindertenrechtskonvention. Darin ist die Teilhabe von Menschen mit Behinderung verankert. Dazu gehört eben auch, dass sie dort leben können, wo sie es wünschen. Zur Umsetzung dieses Ziels hat die Stiftung Liebenau Vereinbarungen mit den entsprechenden Landkreisen für verschiedene Angebote getroffen. Prozess braucht Zeit Der Umbau ist gewaltig und braucht entsprechend Zeit. Chefplaner Bernhard Hösch hat also alle Hände voll zu tun: von der Planung der Platzzahlen, den Förderanträgen beim Land oder bei Aktion Mensch über die Grundstückssuche bis hin zur Baubegleitung. In manchen Gemeinden, die am Anfang des „Umbauprozesses“ standen, wurden dezentrale Angebote schon realisiert: Etwa in Bad Waldsee mit einem Wohnhaus und einem Bildungs-, Begegnungs- und Förderzentrum (BBF). Unlängst sind Menschen auch 24 anstifter 1 | 2017

Stiftung Liebenau Teilhabe Alles im Blick: Bernhard Hösch, Stabsstelle Unternehmensentwicklung in der Stiftung Liebenau Teilhabe, koordiniert die vielen aktuellen Bauprojekte. in Wohnhäuser in Friedrichshafen und in Meckenbeuren-Brochenzell umgezogen. Ganz aktuell zogen Ende des vergangenen Jahres die neuen Bewohner in das Haus in Uhldingen ein. Zur gleichen Zeit ging hier auch die Bildungs-, Begegnungs- und Förderstätte in Betrieb. Menschen eine Heimat bieten Wie genau vor Ort das Angebot für Menschen mit Behinderung aussehen kann, wird mit der Sozialplanung des jeweiligen Landkreises ausgearbeitet. Sprich: „In welcher Stadt können wir Menschen mit Behinderung eine Heimat bieten?“ Im Zentrum stehe, Menschen ein lebenslanges, möglichst selbstbestimmtes Wohnen zu ermöglichen, so Hösch. Wo es sich anbietet, schließt sich die Stiftung Liebenau mit anderen Trägern zusammen und stärkt so die örtliche Versorgung. Wie etwa in Friedrichshafen, wo im gleichen Gebäude des Wohnangebots auch die Sozialstation der Katholischen Kirchengemeinde mit ihren Angeboten beheimatet ist. Bernhard Hösch muss auch ordnungsrechtliche Themen berücksichtigen. Etwa die Landesheimbauverordnung. Die fordert bis 2019 unter anderem die Umsetzung der Einzelzimmervorgabe in Heimen für Menschen mit Behinderung. Wer kann wo leben? Die neuen Angebote vor Ort sprechen verschiedene Menschen an: Jüngere Menschen, die hier aufgewachsen sind und sich vom Elternhaus ablösen, aber auch Menschen, die lange in Komplexeinrichtungen gelebt haben und sich eine andere Lebensform wünschen oder in ihre Heimat zurückziehen möchten. Was passiert dadurch an diesen Standorten? Der Umbau dieser Stammorte muss parallel gesteuert werden. Durch die Dezentralisierung entfallen hier Wohn-, Arbeits- und Förderplätze. Am Stammort Rosenharz leben langfristig statt über 300 Menschen noch etwa 140 Menschen. Hier wurden bereits in den vergangenen Jahren nicht mehr sanierungsfähige Häuser abgerissen und neue gebaut, einige wurden nach den gesetzlichen Vorgaben modernisiert und saniert. Die hier lebenden Menschen sind ein wichtiger Teil des Gemeindelebens. In Zukunft soll Rosenharz baulich noch mehr mit der Gemeinde Bodnegg zusammenwachsen. Gleichzeitig wird Rosenharz zum Fachzentrum und bietet etwa mit dem Wohnpflegeheim St. Johanna die Möglichkeit, pflegebedürftige, betagte Menschen mit Behinderung zu begleiten. Standorte im Wandel Ähnlich werden sich auch die Standorte Liebenau und Hegenberg verändern. Das ehemalige Kinderdorf Hegenberg wird sein Profil eines sozialtherapeutischen Fachzentrums für Kinder und Jugendliche schärfen. Kinder und Jugendliche sollen hier eine Heimat auf Zeit bekommen (siehe auch Anstifter 3/2016): Sie können hier zur Schule gehen und erfahren innerhalb einer Wohngruppe erzieherische und therapeutische Begleitung. Umzug ist kein Muss Doch zurück zu Karl-Heinz W. Wie er, so leben viele erwachsene Menschen schon lange an Standorten wie Liebenau, Rosenharz oder Hegenberg. Hier haben sie intensive und langjährige Beziehungen aufgebaut: Diese Wohnorte wurden vielen über die Jahre zur Heimat. In dem gesamten Prozess der Regionalisierung gilt daher der Grundsatz: „Nur wer auch will, zieht von seinem bisherigen Wohnort weg“, betont Bernhard Hösch. (ao) anstifter 1 | 2017 25

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