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Anstifter 1, 2014 der Stiftung Liebenau

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Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Altenhilfe, Behindertenhilfe, Bildung, Gesundheit, Familie und Dienstleistungen.

Fernes Ziel mit hohem

Fernes Ziel mit hohem Anspruch WM in Brasilien rückt in greifbare Nähe von Claudia Wörner HEGENBERG – Auf Marcus Stehle und Florian Schuhmacher von der Fußballmannschaft „Lokomotive Hegenberg“ wartet in diesem Jahr möglicherweise eine ganz besondere Herausforderung: Mit hoher Wahrscheinlichkeit fahren sie als Nationalspieler mit zur Fußballweltmeisterschaft für Menschen mit geistiger Behinderung in Brasilien. Gefördert werden sie vom Deutschen Behindertensportverband. Ihr Hobby ist Fußballspielen. Und das tun sie mit großer Leidenschaft in der Mannschaft „Lokomotive Hegenberg“. Zusammen mit ihrem Team holten sich Marcus Stehle und Florian Schuhmacher im vergangenen Jahr bei den Baden-Württembergischen Fußballhallenmeisterschaften der Special Olympics in Mosbach den Pokal und damit die Qualifikation für die Deutsche Meisterschaft in Dortmund. Dort fand sich die Mannschaft, die zuvor einen wahren Höhenflug erlebte, im hinteren Drittel wieder. Kein Wunder Sie haben die WM im August 2014 für Menschen mit Behinderung in Brasilien fest im Blick: Florian Schuhmacher (links) und Marcus Stehle gehören zur Deutschen Fußballnationalmannschaft. Wenn alles klappt, heißt es am 9. August Abflug nach Brasilien. Foto: Wörner trainieren doch fast alle anderen Kicker auf diesem Spielniveau zusätzlich in lokalen Vereinen. „Bei Marcus, Florian und einem weiteren Spieler stellte der Bundestrainer der Nationalmannschaft des Deutschen Behindertensportverbands, Jörg Dittwar, aber sehr gute Anlagen fest, und er wollte sie näher kennenlernen“, berichtet Wohngruppenmitarbeiter Marcel Wohlgemuth, der die Spieler von „Lokomotive Hegenberg“ zusammen mit dem ehrenamtlich tätigen Erwin Hecht trainiert. Es folgte ein erstes Sichtungstraining in der DFB- Sportschule Ruit bei Stuttgart mit 30 potenziellen Nationalspielern und Ende September ein weiteres in Wetzlar. „Das war ein richtig aufregendes Erlebnis“, erzählt Marcus Stehle von seinen Erfahrungen. Das Training zusammen mit Spielern aus ganz Deutschland sei anstrengender gewesen als in Hegenberg und man hätte sich mehr konzentrieren müssen. „Aber wir waren eigentlich ein ganz gutes Team“, erzählt der 20-Jährige. „Und wir konnten auf jeden Fall was dazulernen“, ergänzt Florian Schuhmacher. Die WM-Teilnahme in Brasilien rückt für die beiden in greifbare Nähe. Verletzungen oder abfallende Spielleistung könnten noch dagegen sprechen. Marcus Stehle und Florian Schuhmacher sind natürlich überglücklich, top motiviert und haben gute Vorsätze, ihr Ziel zu erreichen. So will der 18-jährige Schuhmacher mit dem Rauchen aufhören und regelmäßig joggen. „Ich habe den Eindruck, dass beide gut mit der Situation umgehen können und immer noch mit beiden Beinen auf dem Boden sind“, so die Einschätzung von Trainer Wohlgemuth. Wenn es seine Dienstzeiten erlauben, begleitet er Schuhmacher und Stehle zu den monatlich stattfindenden dreitägigen Trainingslehrgängen. „Das ist mir sehr wichtig, immerhin trainiere ich die Jungs seit vielen Jahren, und sie haben bei mir das Kicken angefangen.“ Nun wünscht sich Wohlgemuth nur noch einen ordentlichen Fußballplatz in Hegenberg. Auch sonst sei „Lokomotive Hegenberg“ nach wie vor auf Sponsoren angewiesen, damit die rund 40 Mitglieder ihren Sport ausüben können. 26 Menschen mit Behinderung

Rund 30 Teilnehmer besuchten das Vierteljahrestreffens der LAG KJPP in Wangen. Foto: Benicke Das System muss inklusiv sein Kinder- und Jugendpsychiater diskutieren über Versorgungssituation von Elke Benicke WANGEN – Die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung war Thema des Vierteljahrestreffens der Landesarbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie (LAG KJPP) im Herbst 2013. Rund 30 angehende Ärzte, Pflegekräfte und Pädagogen haben an Vorträgen und Workshops teilgenommen. Konkret ging es um die immer noch schwierige Diagnose Autismus, die Herausforderung ‚Inklusion‘ und den Irrgarten der Sozialmedizin. same Unterricht kann im besten Interesse des Kindes sein, muss aber nicht“, sagte Prändl und wies darauf hin, dass der eigentlich zentrale Begriff der Menschenrechtskonvention von 2009 „in the best interest of the child“ sei und dass der Begriff „inclusive education system“ oft nicht richtig übersetzt würde: „Das System muss inklusiv sein, nicht die einzelne Schule“, korrigierte er. Nachdem es bis vor ein paar Jahren noch darum ging, das Schulsystem auszudifferenzieren, sei heute wieder eine Pädagogik der Vielfalt gefragt. „Wir erleben jedes Jahr Patienten, die sehr offenkundig autistisch sind mit nicht gestellter Diagnose. Dagegen erleben wir bisweilen auch das Gegenteil: Dass Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Diagnose vorgestellt werden, die sich im Verlauf nicht autistisch zeigen“, sagte Sebastian Schlaich, Chefarzt Kinder- und Jugendpsychiatrie der St. Lukas-Klinik im Rahmen seines Vortrags. In diesem Dilemma seien die Eltern selbst oft die besten Fachleute und auch die besten Therapeuten für ihr Kind und sollten daher bestmöglich über die Krankheit aufgeklärt sein. „Mit der Diagnose Autismus fällt oft ein großes Schuldgefühl von den Eltern ab. Aufklärung ist der erste Schritt“, betonte Schlaich. „Herausforderung Inklusion“ war der Titel des Vortrags von Stephan Prändl. Er ist Rektor der Heinrich- Brügger-Schule in Wangen, in deren Aula das Vierteljahrestreffen stattfand und die mit 40 Sonderschulpädagogen zu den größten ihrer Art in Deutschland gehört. „Die gemeinsame Beschulung, der gemein- Sozialmedizin: vorausschauend denken In einem dritten Vortrag stellte Dr. Dirk Dammann, Chefarzt der Fachkliniken Wangen, den Forschungszweig der Sozialmedizin vor: „Stellen Sie sich vor, ein Intensivmediziner geht an einem Fluss spazieren. Da schwimmt ein lebloser Körper vorbei. Selbstverständlich zieht er ihn heraus und reanimiert ihn. Gerade ist er fertig, schwimmt noch einer vorbei. Auch diesen reanimiert er, da kommt schon der nächste. Nach einer Weile kommt ein Sozialmediziner des Wegs und geht flussaufwärts einfach weiter. Der Intensivmediziner fragt ihn entrüstet, ob er nicht helfen wolle. Darauf der Sozialmediziner: ‚Ich helfe doch! Ich schaue nach, wo die alle herkommen!‘“ Im Zusammenhang mit den zum Teil unterschiedlichen Eigeninteressen der Rentenanstalt, Krankenkassen, Versicherungen oder der Agentur für Arbeit – dem Irrgarten der Sozialmedizin – seien eindeutige Diagnosen das A und O: „Wenn sich die Ämter streiten, ist das zum Nachteil für die Jugendlichen“, sagte der Chefarzt. Gesundheit 27

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