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Stellungnahme zum Referentenentwurf Bundesteilhabegesetz

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durch die Fachleistungen

durch die Fachleistungen der Eingliederungshilfe gedeckt werden können (wie auch für Mitarbeiterräume vorgesehen). Hierzu bedarf es einer klaren Festlegung in § 77 BTHG-RE i. V. mit der Öffnungsklausel in § 42b Abs. 6 S. SGB XII. Dem Gesetzgeber und den Kostenträgern muss klar sein, dass die Schwelle von Mietpreisspiegel + 25% in der Regel bei weitem nicht ausreichen wird. ‣ Sowohl die Teilhabeleistungen als auch die existenzsichernden Leistungen müssen auch im Lichte der Möglichkeit zur Erfüllung länderspezifischer ordnungsrechtlicher Vorgaben durch die Leistungserbringer ausgestaltet sein (bspw. Landesheimbauverordnung in Baden-Württemberg). Diese Gewährleistung der Anschlussfähigkeit an die bisherigen Regelungen zur Finanzierung der Unterkunft in stationären Einrichtungen und an die bisherigen Anforderungen der Sozialhilfeträger ist in besonderer Weise auch für die Komplexträgereinrichtungen der Eingliederungshilfe (inklusive deren Strukturverantwortung für deren Standortinfrastruktur) bedeutend. Denn für Menschen mit hohen Unterstützungsbedarfen werden auch weiterhin entsprechende Wohn- und Betreuungsformen notwendig bleiben. Die Anschlussfähigkeit der Kostenübernahme an das bisherige System muss sich dabei auch auf den Neubau von Wohnangeboten der intensiv betreuten Hilfen für Menschen mit Behinderung erstrecken. Die Schaffung nicht nur für die Hilfen für Menschen mit Behinderung dringend benötigten Wohnraums wird im Zeichen weiter steigender Bau- und Grundstückskosten zusätzlich schwieriger. Dies gilt nicht zuletzt angesichts der bereits heute angespannten Lage auf regional differenzierten Wohnungs- und Immobilienmärkten. Die wichtige Frage, wie zukünftig neuer Wohnraum für Menschen mit Behinderung, insbesondere mit komplexen Hilfebedarfen geschaffen werden soll, darf dabei nicht aus dem Auge verloren werden! (2) Betriebskostenerfassung und zukünftige Mietverwaltung Für die separate Erfassung von Betriebskosten (Heizkosten, Wasser, Strom) fehlen in Bewohnerzimmern, Gemeinschaftsräumen und Funktionszimmern in stationären Bestandseinrichtungen schlicht die erforderlichen betriebstechnischen Möglichkeiten. Eine technische Nachrüstung wäre in den allermeisten Fällen mit unverhältnismäßigen und nicht refinanzierten Mehrkosten verbunden und zum Teil baulich sehr schwer zu realisieren. ‣ Hier bedarf es mit Blick auf Bestandsbauten dringend einer Sonderregelung, die zum Beispiel eine Paulschalberechnung anteiliger Nebenkosten nach Kopfzahl ermöglicht. Um den gesetzlichen Vorgaben zur Übernahme der Unterkunftskosten durch den zuständigen Sozialhilfeträger zukünftig gerecht zu werden, müssten alleine in der Stiftung Liebenau ca. 1.200 separate Mietverträge mit den Klienten unserer stationären Angebote abgeschlossen werden. Zur Abwicklung dessen wird die Einrichtung einer vollständig neuen Abteilung in der Mietverwaltung notwendig werden. Ausgehend von einem marktgängigen Durchschnittspreis von pauschal ca. 25€ je Mietverhältnis und Monat für die Mietverwaltung ergibt sich hieraus eine jährliche Mehrkostenbelastung von 360.000€ alleine für die Stiftung Liebenau. 4

‣ Es bedarf einer Klärung der Frage, wer die mit der Trennung verbundenen Berechnungs- und Ermittlungskosten trägt und wie der mit der zukünftigen Mietverwaltung und einem ebenfalls notwendigen Forderungsmanagement (in Folge der Abkehr vom Bruttoprinzip - siehe IV.) einhergehende dauerhafte Kostenaufwand in den Leistungen abgebildet werden kann. Sie sind jedenfalls vollständig vom Kostenträger zu refinanzieren. Aus steuerlicher Perspektive ist zudem bspw. zu prüfen, wie zukünftig einzelne Vermietungen in der stationären Behindertenhilfe gemäß §§ 3, 5, 7 GrStG behandelt werden. Wenn zukünftig Einzelvertragsmietverhältnisse bestünden, bliebe der grundsätzliche Charakter einer stationären Einrichtung zwar erhalten, wir befürchten aber, dass der Erwerb von Grundstücken und Gebäuden der stationären Behindertenhilfe künftig der Grundsteuer unterliegen, da die Befreiung gem. §5 (2) GrdStG für Wohnungen ausdrücklich nicht gilt. Generell ist hierbei festzuhalten, dass mit dem Abschluss von normalen Mietverträgen, weitere Anforderungen und Pflichten des Mietrechts vollständig in die Sphäre der Klienten als Mietvertragspartner verlagert werden – zu nennen sind hierbei zum Beispiel die Hinterlegung einer Kaution, Pflichten zu Schönheitsreparaturen und ein pfleglicher Umgang mit Einrichtungsgegenständen. Hierdurch wird auch deutlich, dass mit der Einzelvermietung von Wohnraum an schwerst- und mehrfachbehinderte Menschen ein zusätzlich, besonderer Verwaltungsmehraufwand für die Leistungserbringer einhergeht. Dieser muss Berücksichtigung in der Kostenerstattung durch die Kostenträger finden können. Die dem Normalisierungsgedanken und der separaten Behandlung der Übernahme der Unterkunftskosten folgende Logik, Mietvertragsverhältnisse zukünftig direkt zwischen Klienten und Leistungserbringern einzugehen, beinhaltet unserer Auffassung nach auch erhebliche Risiken zu Lasten der Menschen mit Behinderungen. Wenn zukünftig mietrechtlich notwendige und abbildbare Preisanpassungen umgesetzt werden müssten, würde der Klient diese zunächst an den zuständigen Kostenträger weiterreichen. Es ist absehbar, dass im Falle der Verweigerung einer Kostenübernahme eine Spirale von Klagen in Gang gesetzt werden würde. Denn der Leistungserbringer = Vermieter könnte rechtlich nur gegen seinen Vertragspartner, den Mieter vorgehen. Gerade mit Blick auf schwerst- und mehrfachbehinderte Menschen wird deutlich, dass dies zu deren Lasten ginge und in der Folge zu einer nachhaltigen Störung im Vertrauensverhältnis zwischen Klienten, Angehörigen ggf. Betreuern, Kostenträgern und Leistungserbringern führen könnte. Sofern ein Klient die Miete nicht pünktlich bezahlt, müsste ebenfalls dem normalen Mietrecht folgend bei Ausfall mehrerer Mieten die fristlose Kündigung erfolgen, gefolgt von Inkasso-Maßnahmen. Wie eingangs bereits ausgeführt, bekennen auch wir uns fachlich eindeutig zum Gedanken der Normalisierung und der Personenzentrierung. Dem Gesetzgeber muss jedoch klar sein, dass dies hier zu entsprechenden Konsequenzen bei der Umsetzung führen kann. ‣ Für solche Fälle bedarf es im BTHG festgelegter Regelungsmechanismen, die entsprechende Eskalationen im Falle von mietrechtlich notwendigen Preisanpassungen vermeiden und Risiken sowohl für die Klienten als auch die Leistungserbringer minimieren. 5

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