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Positionspapier BWGV-AKBW-SONG - Zusammen Leben Wohnen und Arbeiten

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Zusammen leben - Betreuung ermöglichen - Quartiere gestalten - Digitalisierung nutzen Es ist davon auszugehen, dass auch ältere Menschen und Menschen mit Assistenzbedarf so lange wie möglich selbstständig wohnen und leben wollen. Quartierskonzepte stärken die Selbstständigkeit und Teilhabe, fördern Selbst- und Nachbarschaftshilfe, verhindern Vereinsamung und wirken somit präventiv. Bei Unterstützungsbedarf ermöglichen sie gemischte Hilfearrangements im Zusammenwirken von familiärer, nachbarschaftlicher und professioneller Hilfe. Dies gilt sowohl für die Unterstützung älterer und behinderter Menschen als auch für Betreuungsdienstleistungen für junge Familien. In den Städten und Gemeinden sollte daher das Zusammenleben durch gemischte Wohnangebote wie zum Beispiel Mehrgenerationenwohnen und durch eine aktive Quartiersarbeit unterstützt werden. Diese fördert Begegnungsmöglichkeiten, bürgerschaftliche Aktivitäten und Nachbarschaftsbeziehungen. Es ist sehr erfreulich, dass seit dieser Legislaturperiode die Strategie „Quartier 2030 – Gemeinsam. Gestalten.“ des Ministeriums für Soziales und Integration Kommunen und zivilgesellschaftliche Akteure bei der alters- und generationengerechten Quartiersentwicklung unterstützt. Während in den Jahren zuvor eher einzelne Pioniere den über den reinen Wohnungsbau hinausreichenden Quartiersansatz verfolgten, gelingt es so immer mehr Akteure an immer mehr Orten in der Fläche hierfür zu begeistern. Im Besonderen begrüßen wir, dass dieser Prozess mit Beratungs- und Qualifizierungsangeboten unterstützt und begleitet wird. Dabei kann auch auf etablierte Konzepte, unter anderem auch der Mitglieder des Netzwerks SONG (Schulungsangebote in Sozialraum- und Netzwerkarbeit) und des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes (Beispiele und Modelle für Wirtschaft vor Ort und WohnenPLUS) aufgebaut werden. Schließlich ist beim Zusammenleben, sei es nun in der Stadt oder auf dem Land, auch auf die digitale Infrastruktur zu achten – sowohl bezüglich der infrastrukturellen Angebote bis hinein in die einzelnen Wohneinheiten als auch bei den kommunalen beziehungsweise regionalen und idealerweise darüber hinaus vernetzten, digitalen Plattformen. Mit einer guten Infrastruktur können auf den Plattformen seitens Politik und Verwaltung, Bürgerinnen und Bürgern, Initiativen und Unternehmen Informationen geteilt, Kommunikation ermöglicht und Bedarfe des (täglichen) Lebens leichter und schneller vor Ort gelöst werden. Die digitale Erweiterung für alle gesellschaftlichen Gruppen kann alle stärker zusammenbringen – auch analog – und damit das Zusammenleben fördern. Ebenso kann es die Gesundheitsversorgung vor Ort erweitern und damit verbessern. Aufgrund unserer Praxiserfahrungen erfordert die nachhaltige Realisierung von Quartierskonzepten eine qualifizierte Quartierskoordination. Für diese wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge gibt es bisher aber keine Regelfinanzierung. Projekte sind derzeit auf zeitlich befristete Fördermittel, Quersubventionierungen von Trägern beziehungsweise freiwillige Leistungen der Kommunen angewiesen. Für die nächste Legislaturperiode sollte ein Konzept entwickelt werden, wie solche Strukturen über eine regelhafte Kofinanzierung des Landes abgesichert werden können. Nicht zuletzt, um zu verhindern, dass diese Strukturen als sogenannte freiwillige Leistungen den unter anderem durch die Coronafolgen bedingten Sparzwängen der Kommunen zum Opfer fallen. 6

Zusammen sorgen - Sorge und Mitverantwortung in der Kommune fördern - Versorgung kleinräumig sichern - Ganzheitliche, kooperative Ansätze voranbringen Für eine adäquate Versorgung der Menschen in ihren unterschiedlichen Lebenslagen im Wohnquartier sind im Bedarfsfall professionelle soziale Dienstleistungen erforderlich. Im Sinne der Sozialraumund Quartiersorientierung geht es dabei aber künftig weniger um die institutionelle Vollversorgung, sondern um passgenaue Dienstleistungen, die im Zusammenwirken mit den informellen Hilfen von Angehörigen, Nachbarn, bürgerschaftlich Engagierten und unter Einbindung von technischer Assistenz jeweils zu individuellen tragfähigen gemischten Hilfearrangements verknüpft werden können. Dies entspricht dem Leitbild geteilter Verantwortung und gemischter Pflegearrangements, welche laut dem Siebten Altenbericht der Bundesregierung unter der Überschrift „Sorge und Mitverantwortung in der Kommune“ systematisch gefördert werden sollten. Lokale Verantwortungs- beziehungsweise Sorgegemeinschaften in diesem Sinne erfordern eine Abkehr von starren Sektor-Abgrenzungen und unflexiblen bürokratischen Regelungen. Das Ziel einer von den örtlichen Akteuren gemeinsam getragenen Quartiersentwicklung ist also nicht nur, Wohnen und Leben zusammen zu bringen, sondern auch passgenaue Angebote der sozialen Versorgung einzubinden. Das heißt, neben dem reinen Wohnen, also beispielsweise auch ein soziales Umfeld zu schaffen und damit auch dem „Zusammensorgen“ einen Ausdruck zu geben. Kombiniert mit erreichbaren Leistungen aus dem Bereich der Daseinsvorsorge und dem Zusammenwirken aller relevanten Akteure vor Ort gibt es hier großes Potenzial. So können sich unter anderem Kommunen, zivilgesellschaftliche Akteure, Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Unternehmen, Wohnungsbauträger und -planer, Stiftungen und Kirchen gemeinsam auf den Weg machen und nachhaltig tragfähige Lösungen für Quartiere vor Ort finden. Insbesondere die Träger der freien Wohlfahrtspflege als Erbringer sozialer Dienstleistungen sind daher aufgefordert, sich für die Gestaltung dieses Welfare-Mixes und für neue Kooperationen zu öffnen. Je nach Situation kann dabei die Organisationsform der Genossenschaften ein Weg sein, neuartigen Kooperationen einen inhaltlich und wirtschaftlich tragfähigen Rahmen zu geben: bedarfsgerecht sowohl in ländlichen Gebieten als auch in städtischen Quartieren. Die Versorgung assistenz- und pflegebedürftiger Menschen muss also stärker kleinräumig und vernetzt organisiert werden. Es ist daher zu begrüßen, dass das Land mit Fördermaßnahmen wie dem Innovationsprogramm Pflege insbesondere Angebote fördert, die zwischen der häuslichen und der stationären Versorgung liegen und so einen Bürger-Profi-Technik-Mix ermöglichen. Gerade die im Förderprogramm 2021 im Vordergrund stehenden Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeeinrichtungen müssen für eine lokale Versorgungsinfrastruktur ausgebaut werden. Es reicht jedoch nicht nur, Leuchtturmprojekte zu fördern. Vielmehr müssen auch rechtliche Spielräume im Sinne von Experimentierklauseln geschaffen und Hürden abgeschafft werden für eine flächendeckende Umsetzung von zukunftsfähigen Ansätzen, die bisher in keine Schubladen passen. 7

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