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Positionspapier BWGV-AKBW-SONG - Zusammen Leben Wohnen und Arbeiten

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Zusammen Leben, Wohnen und Arbeiten Kooperative Strukturförderung: Quartiere stärken heißt Gemeinschaft stärken Positionen der Architektenkammer Baden-Württemberg, des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes und des Netzwerk: Soziales neu gestalten (SONG) – Regionalgruppe Baden- Württemberg „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“ So hat es der Schweizer Schriftsteller Max Frisch einst formuliert. Vermutlich würde er auch aktuell empfehlen, die Herausforderungen gemeinsam anzupacken. Aus diesem Grund üben Architektenkammer Baden-Württemberg (AKBW), Baden-Württembergischer Genossenschaftsverband (BWGV) und das Netzwerk SONG – Regionalgruppe Baden-Württemberg den Schulterschluss, um so ein Mehr anzuregen: ein Mehr an „zusammen agieren“ und in Folge ein Mehr an gemeinwohlorientiertem „zusammen leben“, „zusammen wohnen“ und „zusammen arbeiten“. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind immens: Neben der Bewältigung der Pandemie sind der Klimawandel und die demografische Entwicklung dabei die zwei großen Themen. Zu ergänzen sind unter anderem Inklusion und Migration, die mitnichten Randthemen sind. All diese Herausforderungen lassen sich nur gesamtgesellschaftlich lösen. Der Wandel hin zu sozial gerechten, ökologisch nachhaltigen und produktiven Gemeinwesen gelingt nur vor Ort, in den Kommunen und Quartieren. Städte und Dörfer sind die Orte der Vielfalt, Kreativität und Solidarität und gleichzeitig auch Experimentierfelder für neue Problemlösungsansätze und soziale Innovationen. Die Landesregierung hat in der ablaufenden Legislaturperiode wichtige Instrumente wie die Strategie „Quartier 2030“, den „Grundstücksfonds“ und das „Kompetenzzentrum Wohnen“ geschaffen. Aufgrund der Komplexität der Herausforderungen bedarf es aber für zeitgemäße Entwicklungsprozesse in Stadt und Land der themenfeldübergreifenden Abstimmung von Steuerungs- und Fördermaßnahmen. Vor Ort sind Schnittstellen und Koordinatoren erforderlich, um die Expertise der Bürgerinnen und Bürger für den Alltag kooperativ mit der Kompetenz der Fachleute zu vernetzen, und so gemeinsam ein Mehr an Zusammenleben zu generieren. Für eine kooperative Entwicklung in Stadt und Land fordern AKBW, BWGV und Netzwerk SONG von der Politik dazu flankierend • die Förderung von Koordinatoren und Motivatoren, Vermittlern, Vernetzern und Managern, für die Kommunen und insbesondere auf der Quartiersebene, • eine nachhaltige Kofinanzierung von Quartiersentwicklung statt befristeter Projektförderungen, • die Stärkung kleinräumiger und vernetzter sozialer Versorgungsstrukturen durch flexiblere rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen, • die Aufrechterhaltung und die stärkere Kompatibilität quartiersbezogener Förderkulissen der verschiedenen Landesministerien für nachhaltig wirkende lokale Infrastrukturen, • mehr gemeinsam zu denken und zusammen zu gestalten; dazu ist eine ressortübergreifende Zusammenarbeit der Ministerien und Einbindung der relevanten gesellschaftlichen Gruppen und deren Verbände unabdingbar. Nur so können Fördermittel effizient und zielgerichtet in Kommunen und für Quartiere eingesetzt werden. Die Wohnraum-Allianz ist ein erfolgreiches Beispiel eines beteiligungsorientierten Prozesses. Dieses Format könnte durch die thematische Erweiterung um die Dimensionen Leben und Arbeiten in Stadt und Land zu einem ressortübergreifenden Forum weiterentwickelt werden. 2

Zusammen in die Zukunft – mit Kooperationen und Vernetzung Wir stehen heute vor gravierenden ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Die Coronakrise mit ihren massiven akuten Folgen für den Gesundheitsschutz, die sozialen Beziehungen und die wirtschaftliche Lage trifft auf seit Jahren laufende langfristige Veränderungsprozesse und lässt diese wie in einem Brennglas deutlicher zutage treten: der Klimawandel und die Digitalisierung fordern Anpassungen unserer derzeitigen Art zu leben, zu wirtschaften, zu arbeiten und zu konsumieren. Weiterhin sind auf Fragen der Migration und Integration geflüchteter beziehungsweise zugewanderter Menschen Antworten zu geben. Welche Folgen haben die Individualisierung, die Pluralisierung der Lebenswelten und zunehmende soziale Unterschiede? Was passiert, wenn die Babyboomer-Generation in Rente geht? Der demografische Wandel führt zu einer dramatisch wachsenden Zahl von Menschen mit Unterstützungsbedarf. Gleichzeitig fehlen bereits heute in erheblichem Ausmaß Fachkräfte in Pflege und Assistenz, und das Potenzial für die informelle Pflege in den Familien nimmt durch veränderte Familienstrukturen ab. Auch Familien mit Kindern sind zunehmend auf gute Betreuungs- und Unterstützungsangebote angewiesen, von denen es noch nicht ausreichend gibt. Ebenso in den Blick zu nehmen sind dabei Menschen mit Inklusionsbedarf. Die Coronakrise bietet trotz aller dramatischen Folgen die Chance, die notwendige Transformation unserer Wirtschafts- und Lebensweisen sowie der Raumnutzung noch gezielter anzugehen und umzusetzen. Die soziale Innovation entsteht in vielen kleinen Schritten, Experimenten und kreativen Bottom-up-Prozessen, die in der Praxis vor Ort entwickelt und erprobt werden. Der Wandel geschieht dort, wo die Menschen wohnen, arbeiten und zusammenleben, also in den Städten, in ländlichen Gemeinden und in Quartieren. Hier werden Bedarfe und Bedürfnisse der Menschen nicht nur artikuliert, hier wird auch konkrete Umsetzung erwartet. Die Sozialräume der Menschen sind die Orte, an denen neue Wege erprobt und gegangen werden müssen. Nicht zuletzt entdecken die Menschen in der Krise die Vorzüge von Nachbarschaft, Nahversorgung, Natur im unmittelbaren Wohnumfeld sowie auch der regionalen Wirtschaftskreisläufe, der Energie- und Mobilitätsangebote und der digitalen Strukturen. Wir können den Wandel nur zusammen schaffen. Daher sieht die Ende 2020 verabschiedete „Neue Leipzig-Charta“ die Gemeinwohlorientierung und das gemeinsame Handeln als die zentralen Leitprinzipien künftiger transformativer Stadtentwicklung an. Auch der Siebte Altenbericht der Bundesregierung spricht in diesem Sinne von einer „Koproduktion der Daseinsvorsorge“, welche neue, vernetzte und partizipative Governance-Strukturen auf kommunaler Ebene erfordert. Ebenso bekräftigt die Handreichung „Familienfreundliche Kommune“ aus dem Jahr 2020 – erstellt von der FamilienForschung Baden-Württemberg im Statistischen Landesamt mit Unterstützung des Ministeriums für Soziales und Integration, der Arbeitsgemeinschaft Netzwerk Familie Baden-Württemberg sowie dem Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg –, dass sich konkrete Lösungen für ein familien- und generationenfreundliches Gemeinwesen nur vor Ort erarbeiten lassen: in den Gemeinden und Städten, Ortschaften und Stadtvierteln und zwar im gemeinsamen Dialog von Gemeinderat, Verwaltung, örtlichen Einrichtungen, Unternehmen, Kirchen, Vereinen sowie mit den Einwohnerinnen und Einwohnern. Zudem werden vielfältige und attraktive Beteiligungsmöglichkeiten erwähnt, die zum Einsatz kommen können, um den Belangen von Familien, Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen gerecht zu werden sowie ihren Ideen und Gestaltungsvorschlägen verstärkt Geltung zu verschaffen. Hierbei können auch landesweite Initiativen und Förderprogramme des Landes Baden-Württemberg helfen. Die Herausforderungen des sozialen, demografischen und ökologischen Wandels sind also nur zu bewältigen, wenn sämtliche Ressourcen und Potenziale der verschiedenen gesellschaftlichen Akteure wie Familien, aktive Bürgerinnen und Bürger, zivilgesellschaftliche Organisationen wie Vereine, Genossenschaften und Selbsthilfeorganisationen, Kirchengemeinden, die gemeinnützigen sozialen 3

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