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Kriterien für Lohngerechtigkeit

3.2.4 Sicherung des

3.2.4 Sicherung des Lebensunterhalts Der Lohn muss bei einem in Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter ausreichen, um sich und seine Familie ernähren zu können. Er muss so bemessen sein, dass er keinesfalls zum Absinken unter die Armutsgrenze führt und deutlich über der Sozialhilfe liegt. Um dies zu sichern, sind nach Ansicht der Ethikkommission Mindestlöhne sinnvoll. Dies gilt auch unbeschadet der Tatsache, dass soziale, etwa Familien unterstützende, Maßnahmen in dem Bereich der Sozialpolitik angesiedelt werden sollten. 3.3 Prozessbezogene Kriterien: Gerechte Verfahren bei der Lohnfindung Die hier vorgestellten Kriterien sind Richtungsziele, die sich gegenseitig ergänzen, korrigieren und die gegeneinander abzuwägen sind. Diese Abwägung bedarf einer Absicherung durch geeignete Verfahren der Lohnfindung. Um eine Annäherung an gerechte Lohnsysteme zu schaffen, bietet sich der Abschluss von Tarifverträgen an. Die Voraussetzungen eines „freien Vertrags“ werden dabei im Regelfall durch Kollektivierung der Verhandlungspartner, etwa durch die Bildung von Vertragsparteien, die zumindest ansatzweise gleiche Macht besitzen sollten, erfüllt. Ein individueller Arbeitsvertrag kann wegen der Asymmetrie der Vertragsparteien diese Machtbalance, wie die Erfahrung zeigt, häufig nicht gewährleisten. Damit soll nicht behauptet werden, dass Tarifverträge generell zu Lohngerechtigkeit führen; sie sind stets im Zusammenhang mit den weiteren, oben genannten Kriterien zu sehen. So lehrt etwa die Erfahrung bei Tarifverhandlungen, dass ein Kriterium wie die Sicherung der Handlungsfähigkeit eines Unternehmens (vgl. oben 3.1.3) nicht immer den angemessenen Stellenwert erhält. Doch ist durch die Öffentlichkeit der Tarifsysteme zumindest Transparenz gegeben. Ergänzend können zu den Tarifvereinbarungen Betriebsvereinbarungen hinzukommen oder – wie oben gefordert – Vereinbarungen über Mindestlohn oder über Kündigungsschutz. Allerdings können unter- 24

schiedliche Mindestlöhne, die in derselben Gesellschaft für verschiedene Branchen zu zahlen sind, auch dem Gerechtigkeitsempfinden abträglich sein 4 . 3.4 Unzulänglichkeit des Kriteriums „Marktgerechtigkeit“ Die so genannte „Marktgerechtigkeit“ von Entgelten kann so verstanden werden, dass die bezahlten Löhne den Spielregeln des Marktes entsprechen. Dies ist jedoch nach Ansicht der Ethikkommission kein hinreichendes Kriterium für einen gerechten Lohn. Denn der Markt – das ist in vielfältiger Weise wahrnehmbar – schafft von sich aus keine Gerechtigkeit, sonst bedürfte es nicht der flankierenden Maßnahmen des Sozialstaats („soziale Marktwirtschaft“). Die Hoffnung, Angebot und Nachfrage am „Arbeits-Markt“ würden von sich aus für gerechte Löhne sorgen, ist nicht zutreffend. 4 Ein Beispiel aus der Liebenau Service GmbH stellen wir unter 4.2 dar. 25

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