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Anstifter 3, 2016 der Stiftung Liebenau

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Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Pflege, Teilhabe, Bildung, Gesundheit, Familie und Service.

Würdigung für

Würdigung für Verdienste: Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Joachim Senn (links) verleiht Prof. Dr. Volker Faust das Ehrenzeichen der Stiftung Liebenau. Foto: Ruppert Kritisch, scharfsinnig, mitreißend Prof. Dr. Volker Faust scheidet aus dem Aufsichtsrat der Stiftung Liebenau aus von Helga Raible LIEBENAU – Nach 23-jähriger Mitgliedschaft im Aufsichtsrat wurde mit einer Feierstunde im Schloss Liebenau Prof. Dr. Volker Faust am 22. Juli aus dem Gremium verabschiedet. In Würdigung seiner hohen Verdienste und seines Einsatzes im Sinne der Stiftung Liebenau und der von ihr betreuten Menschen, wurde ihm zugleich das Ehrenzeichen der Stiftung Liebenau verliehen. Prof. Faust ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Nach klinischer Tätigkeit in Düsseldorf, Hamburg, Mainz, Basel, Berlin und Freiburg war er bis 2006 Medizinaldirektor am Zentrum für Psychiatrie Die Weissenau, leitete die Abteilung Forschung und Lehre Psychiatrie I der Universität Ulm und die „akademie südwest“ der Südwürttembergischen Zentren für Psychiatrie und führt seit seiner Pensionierung eine Privatpraxis in Ravensburg. In den Aufsichtsrat wurde Prof. Faust 1993 berufen, seit 2014 hatte er den stellvertretenden Vorsitz inne. Mit dem 75. Geburtstag, den Prof. Faust am 21. Juli feierte, endete satzungsgemäß die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat. Für die Nachfolge als stellvertretender Vorsitzender wurde Paul Locherer gewählt, Aufsichtsratsmitglied seit 2012. Ein kritischer Geist, scharf analysierend, rhetorisch souverän und mitreißend: So charakterisierte der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Joachim Senn den Scheidenden. Seine fachlichen und persönlichen Beiträge seien im Gremium hoch geschätzt gewesen, seine Überzeugungskraft fast unwiderstehlich. Senn hob auch die enge fachliche Verbundenheit mit der Arbeit der Stiftung und die große Nähe zu Mitarbeitern und Betreuten hervor, die Prof. Faust stets spüren ließ. In dankbarer Anerkennung seiner Verdienste und seines großen Engagements im Sinne der Stiftung Liebenau und der von ihr betreuten Menschen überreichten ihm die Vorstände Prälat Michael H. F. Brock und Dr. Berthold Broll zusammen mit Dr. Senn das Ehrenzeichen der Stiftung. Mit diesem Zeichen werden seit 2002 Personen ausgezeichnet, die sich in herausragender Weise um das Wohl der Stiftung Liebenau und ihre Aufgaben im Sozial- und Bildungsbereich verdient gemacht haben. Prof. Faust blickte zurück auf 23 Jahre voller Erfahrungen und Erkenntnisse, „soziale, medizinische, politische, wirtschaftliche – und vor allem menschliche.“ Er dankte dem Aufsichtsrat für die kollegiale Atmosphäre, die er von Anfang an dort gespürt habe, und dem Vorstand für „die konsequent konstruktive Arbeit in wahrlich nicht immer einfachen Zeiten!“ 10 Stiftung Liebenau

„Weiter so mit Weitblick und Augenmaß“ Herr Prof. Faust, wie war das Bild der Fachwelt von der Stiftung Liebenau, als Sie in den Aufsichtsrat berufen wurden? Als ich nach Oberschwaben kam, war mir der Name Stiftung Liebenau natürlich schon ein Begriff. Allerdings galt sie als eher „stiller Leistungsträger“, der sich nicht in den Vordergrund spielte. Erst als ich vom damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Kreisdekan Monsignore Erich Redle und dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Norbert Huber als Mediziner in den Aufsichtsrat gebeten wurde, wurde mir das erstaunliche Angebotsspektrum so richtig bewusst. In der Fachwelt war die Stiftung Liebenau seit jeher eine anerkannte Größe, die man mit heimlichem Respekt betrachtete. Vor allem, weil sie sich Ziele setzte und Aufgaben ohne großes Aufhebens bewältigte, mit denen man sich nicht dauernd in der Öffentlichkeit sonnen konnte. Das wird im Übrigen auch von der Allgemeinheit und auch von der Politik, sei es Stuttgart, sei es Berlin, als nachahmenswertes Beispiel gewürdigt. Viele Mitarbeiter kennen Ihre Schriftenreihe zu psychiatrisch-neurologische Krankheitsbildern. Werden Sie sie fortsetzen? Gerne bieten wir auch weiterhin die Reihe an, mit Flyern, Broschüren, dem Internet-Angebot www.liebenauer-gesundheits-info.de und den Fachbüchern „Von Amok bis Zwang“, sofern die eigenen Kräfte reichen und Interesse besteht. Die Auswahl wird bestimmt von neuro-psychiatrischen Themen, die die Fachwelt aktuell bewegen, weil sie zunehmend zu psychosozialen Problemen oder gar wirtschaftlichen Konsequenzen führen. Es werden aber auch scheinbar seltene Leidensbilder berücksichtigt, die eben nur selten auffallen, obgleich sie für die Patienten und ihr Umfeld durchaus folgenschwer sein können. Ob ADHS, Demenz, Burnout: Manchmal hat man den Eindruck, es gibt auch in der Psychiatrie „Modeerscheinungen“. Wie sehen Sie das? Nichts ist neu, weder in der alten „Seelenheilkunde“ noch in der modernen Psychiatrie. Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) beispielsweise hieß früher „minimale oder frühkindliche Hirnschädigung“ – übrigens mein Doktor-Thema in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Mitte der 1960er Jahre. Dass sie heute so überraschend zugenommen hat, hat auch etwas mit dem heutigen ablenkungsintensiven Umfeld zu tun. Ähnliches gilt für Burnout, früher als Erschöpfungsreaktion oder Erschöpfungsdepression bezeichnet, heute in der Tat ein Schwelbrand der Gesellschaft mit zwei Hauptursachen: Belastung ohne Aussicht auf Entlastung durch Dauerstress und mangelhafte Anerkennung des Geleisteten, Fachbegriff: Gratifikationskrise. Auch die Demenz, früher unter anderem als Senilität bezeichnet, ist ein heiß diskutiertes Thema, geht aber wenigstens auf eine positive Ursache zurück, nämlich die erfreulich gestiegene Lebenserwartung. Ein Blick voraus: Was sind die aktuellen Herausforderungen – für die Stiftung, für die Gesellschaft – aus Sicht des Psychiaters? Verwirrende Komplexität, wuchernde Bürokratie, vielschichtige Vernetzungen und, machen wir uns nichts vor, ein wachsendes Anspruchsverhalten – sie alle wollen bewältigt sein. Da liegen Aufgaben, Last und Unsicherheit für die Zukunft. Allerdings gab es schon schwerere Zeiten, wir haben sie nur nicht selbst erlebt oder vergessen. Man sollte es aber – um einen politischen Aufruf zu gebrauchen – auch jetzt wieder schaffen. Was wünschen Sie der Stiftung Liebenau für die Zukunft? Weiter so mit unternehmerischem Weitblick und gleichzeitig Augenmaß. Und was wünschen Sie sich? Gesundheit, oder sagen wir es nüchterner: altersentsprechende Gesundheit. Die Fragen stellte Helga Raible Stiftung Liebenau 11

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