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Anstifter 2, 2016 der Stiftung Liebenau

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Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Altenhilfe, Behindertenhilfe, Bildung, Gesundheit, Familie und Dienstleistungen.

Die

Die Anforderungen des Spiels „Jenga“ sind für manches Kind schier unlösbar. Die beiden Fünfjährigen Enrico und Paul spielen es gemeinsam mit Hubert Gärtner (Psychologe). Fotos: Kranz Spielerische Impulse fürs Gehirn Frühförderstelle in Markdorf hilft Eltern und Kind von Svenja Kranz MARKDORF – Vom Säugling bis hin zu Kindern, die kurz vor dem Eintritt in die Schule sind – im Schnitt kommen jährlich 235 Kinder zur regelmäßigen Therapie in die Frühförderstelle in der Markdorfer Spitalstraße. Hier lernen sie, ihre Fähigkeiten besser und differenzierter zu entwickeln und so ihre Handlungs- und Kommunikationsmöglichkeiten zu vergrößern. Mit lautem Getöse stürmen die beiden Jungen die Treppe hinauf in den Therapieraum. Dort setzen sie sich aufgeregt an den Tisch, wo schon der Psychologe Hubert Gärtner und die Heilpädagogin Hildegard Stumm warten. Heute wollen sie gemeinsam „Jenga“ spielen. Ein hölzerner Turm aus vielen länglichen und übereinander gestapelten Klötzchen wird auf dem Tisch aufgebaut. Die Herausforderung besteht darin, nicht am Tisch zu wackeln, nicht den Turm zum Kippen zu bringen und dabei noch die Reihen- 28 Kinder und Jugend

folge im Spiel einzuhalten. Für die beiden Fünfjährigen Enrico und Paul ist das eine fast unlösbare Aufgabe. Enrico wächst dreisprachig auf und hat enorme Sprachschwierigkeiten. Hinzu kommt, dass er leicht ablenkbar ist und sich kaum konzentrieren kann. Paul dagegen hat große Schwierigkeiten mit dem Sozialverhalten, er traut sich wenig zu und weiß nicht genau, wie er es anstellen soll, mit anderen Kindern zusammen zu spielen. „Indem das Kind im geschützten Rahmen der Einzelsituation in der Frühförderung ermutigende Erfahrungen machen kann, wächst seine Bereitschaft wieder, sich auch im Kindergarten, in der Familie auf Anforderungen einzulassen“, erklärt die Heilpädagogin. Und in der Tat haben beide Kinder in der kurzen Therapiezeit schon enorme Fortschritte gemacht. „Das kindliche Gehirn ist noch in der Entwicklung, und gezielte Therapie kann dazu beitragen, dass Ressourcen des Gehirns besser oder anders genutzt werden“, ergänzt Hubert Gärtner. Selbstbild des Kindes stärken Die Forschung zur kindlichen Entwicklung zeigt, dass eine frühzeitige gezielte Unterstützung dazu beitragen kann, dass das Kind sein Entwicklungspotenzial besser nutzen kann. „Wir wollen aber auch dazu beitragen, das Selbstbild des Kindes zu stärken“, erklärt Sylvia Unseld, Leiterin der Frühförderstelle. „Ein Kind, das schon vielfältige Misserfolgserlebnisse gemacht hat, ist oft entmutigt, entwickelt ausweichendes Verhalten und umgeht die problematischen Anforderungen. Damit kommt ein Kreislauf zustande, der dafür sorgt, dass die Entwicklungsprobleme eher größer als kleiner werden.“ Ein wichtiger Anteil der Frühförderung ist es daher, dem Kind wieder Freude am Tun zu vermitteln und sein Selbstbewusstsein aufzubauen. Hildegard Stumm weiß, dass Erfolgserlebnisse manchmal ganz klein aussehen können, aber für die Zukunft von enormer Wichtigkeit sind. „Wenn beispielsweise ein Kind das erste Mal eine verkrampfte Hand öffnet und nach einem Spielzeug greift oder es schafft, eine Förderstunde ohne Mutter zu ver- bringen.“ Durch die gezielte Frühförderung können Entwicklungsauffälligkeiten systematisch im Ausmaß eingegrenzt, gemildert und im günstigsten Fall beseitigt werden. Individuelle Lösungen für Familien In vielen Fällen benötigt ein Kind unterschiedliche Therapien. Deshalb arbeiten in der Frühförderstelle Heilpädagogen, Sozialpädagogen, ein Psychologe, Physiotherapeuten, eine Logopädin und eine Ergotherapeutin zusammen. Das Angebot ist entsprechend vielfältig: Sprach- und Kommunikationsförderung, Psychomotorik und Rhythmik, Wahrnehmungsförderung, heilpädagogische Spieltherapie, tiergestützte Therapie, Einzelförderung und Förderung in Gruppen und Musiktherapie. Und auch die Eltern finden in der Frühförderstelle kompetente Ansprechpartner. „Es ist uns wichtig, die ganz individuelle Lebenssituation jeder Familie mit all ihren Möglichkeiten, aber auch Schwierigkeiten wahrzunehmen und uns darauf einzulassen. Damit die Familien sich gut unterstützt und in ihren Sorgen ernst genommen fühlen“, sagt Sylvia Unseld. Eltern, die sich Sorgen über die Entwicklung ihres Kindes machen, können sich zu einem ersten Gespräch einfach an die Frühförderstelle wenden. In einem nächsten Schritt wird dann der behandelnde Kinderarzt einbezogen, der eine Entwicklungsdiagnostik in der Frühförderstelle verordnen kann. Frühförder- und Beratungsstelle für Eltern und Kind Spitalstraße 3 88677 Markdorf Telefon: 07544 71838 fruehfoerderstelle.markdorf@st.gallus-hilfe.de Anmeldung zwischen 8.30 und 12.30 Uhr oder über Anrufbeantworter Kinder und Jugend 29

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