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Anstifter 1, 2019 der Stiftung Liebenau

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Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Bildung, Familie, Gesundheit, Pflege und Lebensräume, Service und Produkte sowie Teilhabe.

Stiftung Liebenau Zwischen AVR und Tarif Stiftung Liebenau strebt Tarifvertrag für die Pflege an Zu Jahresbeginn ist für drei Tochtergesellschaften der Stiftung Liebenau eine Satzungsänderung in Kraft getreten. In der Liebenau Leben im Alter, Liebenau Therapeutische Einrichtungen und Liebenau Dienste für Menschen entfällt die Bindung an kirchliche Grundordnung und kirchliches Arbeitsrecht. Der Prägung der Stiftung Liebenau als Wesensäußerung der katholischen Kirche bleiben sie selbstverständlich verpflichtet. Auch stehen sie weiterhin unter kirchlicher Aufsicht. Vergütungen und weitere Arbeitsbedingungen sollen nun tarifvertraglich vereinbart werden. Das Thema wird zurzeit kontrovers diskutiert, mit teils verkürzten und überzeichneten Aussagen. Es bedarf jedoch einer differenzierten Betrachtungsweise. Hintergrund der Satzungsänderung, die vom Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart genehmigt wurde, ist ein lange währendes Bemühen um zukunftsfähige Vergütungsstrukturen vor allem in der Pflege. Begonnen haben die Diskussionen bereits um die Jahrtausendwende. Damals wurde deutlich, dass vor allem in der Altenhilfe der Bedarf an modernen Pflegekonzepten zunahm. Gleichzeitig erkannten die Stiftungsverantwortlichen, dass die gegebenen Rahmenbedingungen, besonders die Arbeitsvertragsrichtlinien der Caritas (AVR), nicht in Deckung zu bringen waren mit der Marktorientierung, die die Politik für die Altenhilfe vorgegeben hatte. In Deutschland muss die Stiftung Liebenau alle Kosten der Pflege über die Pflegesätze erwirtschaften, es gibt keine anderen Zuschüsse für Träger. Auch erhält die Stiftung Liebenau hierfür keine Zuwendungen aus Kirchensteuermitteln. Aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen sind die Pflegesätze in den letzten Jahren bereits erheblich gestiegen. Die Leistungen der Pflegeversicherung decken inzwischen nur noch den kleineren Teil, Bewohnerinnen und Bewohner zum Beispiel in Baden-Württemberg müssen heute Eigenanteile von bis zu 3.000 Euro pro Monat aufbringen. Auf politischer Ebene setzt sich die Stiftung Liebenau nachdrücklich für eine Anhebung der Leistungssätze der Pflegeversicherung ein. Gleichzeitig muss sie ihre Pflegesätze sehr sorgfältig kalkulieren, um die Kostenbelastung der betreuten Menschen nicht noch mehr zu erhöhen. Das trifft im besonderen Maße zu beim Betrieb kleiner Häuser der Pflege, wie sie die Stiftung Liebenau in Zusammenarbeit mit kleineren Kommunen zahlreich errichtet hat. Sie sind zwar von den Betroffenen und von der Politik gewünscht, weil wohnortnah und familiär in der Struktur. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen stellen sie allerdings besondere fachliche und wirtschaftliche Herausforderungen. Innerhalb der AVR sind kleine Häuser nicht wirtschaftlich zu führen. Daher wurde für die Altenhilfegesellschaft Liebenau Leben im Alter mit derzeit rund 750 Mitarbeitenden ein neues Vergütungssystem entwickelt. Es deckt sich mit Positionen, die gemeinsam mit weiteren katholischen Trägern erarbeitet worden waren. Der Unterschied zu den AVR liegt in einer anderen Eingruppierung der verschiedenen Berufsgruppen (Pflegefachkräfte, Pflegehilfskräfte, Hauswirtschaftskräfte) und einer anderen Altersvorsorge. Die Vergütungen für Pflegefachkräfte liegen auch in der Liebenau Leben im Alter im oberen Drittel der Pflegebranche und vom Berufseinstieg an oberhalb dessen, was Politik und Gewerkschaften aktuell für Pflegefachkräfte fordern. Das Hauptproblem der AVR sehen die Stiftungsverantwortlichen in der Zwangsmitgliedschaft in einer öffentlichen Zusatzversorgungskasse (ZVK). Die ZVK erhebt Beiträge in Höhe von bis zu rund neun Prozent vom Bruttogehalt, die fast vollständig vom Arbeitgeber gezahlt werden. Davon kommt aber nur ein Teil tatsächlich den betroffenen Beschäftigten zugute. Ein erheblicher Teil fließt in den Erhalt und die Sanierung 6 anstifter 1 | 2019

kurz und knapp des ZVK-Systems. Mit diesem Verfahren haben viele Träger Schwierigkeiten, da es zu unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Belastungen führt. Zwei Jahrzehnte lang wurde von den Verantwortlichen zusammen mit anderen Trägern und dem Caritasverband um eine Verbesserung des Systems gerungen, bis heute ohne Erfolg. In der Übergangszeit wurden Beiträge zur Altersvorsorge direkt an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Liebenau Leben im Alter ausgezahlt. Künftig sollen die betriebliche Altersvorsorge, Vergütungen und weitere Arbeitsbedingungen in der Liebenau Leben im Alter nach Wunsch der Stiftungsverantwortlichen tarifvertraglich geregelt werden. Die Vorbereitungen hierfür haben bereits begonnen. Gespräche wurden mit dem Betriebsrat aufgenommen und Vertreter der Gewerkschaft Verdi eingeladen. Die Satzungsänderung hat keine Auswirkungen auf die derzeit beschäftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und für die rund 3500 Mitarbeitenden in den anderen deutschen Stiftungsunternehmen mit AVR gelten diese unverändert weiter. Mehr zum Thema auf www.stiftung-liebenau.de/tarif Neue Angebotsplattform „mitunsleben“ heißt eine neue Online-Dienstleistungsplattform, die im vergangenen November in Berlin als Start-up von 15 Sozialunternehmen gegründet wurde. Mit dabei ist auch die Stiftung Liebenau, vertreten durch Vorstand Dr. Markus Nachbaur. Ziel der Plattform ist, dass bundesweit Menschen, die Assistenz, Pflege oder Unterstützung benötigen, die am besten für sie passenden Dienstleistungsangebote finden und leicht in Anspruch nehmen können. Die Plattform „mitunsleben“ ist die erste Plattform, die direkt von Leistungserbringern aus der Sozialwirtschaft entwickelt und angeboten wird. Der Vorteil für den Kunden: Es entstehen keine versteckten Zusatzkosten durch einen zusätzlichen Vermittler. Der Interessent kann schnell und einfach nach seinen spezifischen Wünschen ein passendes Angebot suchen und mögliche Angebote vergleichen. Die Dienstleister können direkt kontaktiert und nachträglich bewertet werden. Zusätzlich bietet die Plattform eine persönliche Beratung rund um die Themen Pflege und Versorgung an. „Gemeinsam mit verschiedensten Trägern der Sozialwirtschaft eine Plattform zu entwickeln und gleichzeitig agil wie ein Start-up sein zu dürfen ist ein richtungsweisender Schritt für die Branche“, erklärt Cornelia Röper, Geschäftsführerin von „mitunsleben“. Dass ein solcher Schritt dringend nötig ist, um mit dem digitalen Wandel Schritt zu halten, liegt für Stiftungsvorstand Dr. Nachbaur auf der Hand. Aber er weiß auch: „Kein Sozialunternehmen wird den digitalen Wandel alleine stemmen – das geht nur in Kooperationen.“ Mitte 2019 soll die Plattform online gehen. Mehr dazu unter www.stiftung-liebenau.de/mitunsleben oder unter www.vediso.de anstifter 1 | 2019 7

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