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Anstifter 1, 2019 der Stiftung Liebenau

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Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Bildung, Familie, Gesundheit, Pflege und Lebensräume, Service und Produkte sowie Teilhabe.

Schwerpunkt Kai Eichler

Schwerpunkt Kai Eichler und Annette Schweigert sind bereits seit 2015 und 2017 Hospizpaten bei AMALIE. Kein Ehrenamt wie jedes andere Im Einsatz für den Kinder- und Jugendhospizdienst AMALIE Im ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst AMALIE begleiten über 60 aktive ehrenamtliche Hospizpatinnen und -paten Familien in einer besonders schwierigen Situation: dann nämlich, wenn Eltern und Kinder sich jäh mit schwerster Erkrankung, einer lebensbegrenzenden Diagnose oder auch dem drohenden Tod eines Familienmitglieds konfrontiert sehen. Annette Schweigert und Kai Eichler, zwei dieser Paten, werden hier vorgestellt. Die Fragen stellte Barbara Weiland Was hat Sie dazu bewegt, sich für ambulante Kinderhospizarbeit zu engagieren? Annette Schweigert: Eigentlich das typische Klischee: Aus der Dankbarkeit heraus, selbst eine eigene gesunde Familie zu haben und aus dieser Kraft heraus Familien zu unterstützen, die einen schweren Weg vor sich haben. Es gab im näheren Bekanntenkreis einen Todesfall eines Elternteils, ich las in der Zeitung vom Infoabend von AMALIE und danach war klar: Das will ich machen. Kai Eichler: Auch bei mir steht die Idee im Vordergrund, etwas von meiner Kraft, die ich aus meiner Familie bekomme, an die Gesellschaft und damit an andere Familien zurückzugeben, die jetzt grade viel Unterstützung brauchen. Ich denke auch besonders an die betroffenen gesunden Geschwisterkinder, die gerade dann viel Aufmerksamkeit brauchen, aber die Eltern sind ja ganz besonders beschäftigt mit dem kranken Kind. Dafür wollte ich da sein. viel Unterstützung, besonders aus meiner Familie. Und manchmal spürt man fast sowas wie Bewunderung – das überrascht mich! Überhaupt stehen wir Paten gar nicht so im Mittelpunkt. Irgendwie ist das zwar kein Ehrenamt wie jedes andere – und doch auch ganz normal. Eichler: Genau, ich hab auch ganz oft gehört: „Das könnte ich nicht!“ Aber so richtig vorstellen, was das eigentlich ist, dieses „Hospizpate-Sein“, das wusste dann auch keiner. Tod und Trauer sind halt immer noch ein Tabu-Thema, über das niemand reden möchte. Das sehe ich übrigens auch als meine Aufgabe: einfach mal über Tod und Sterben zu reden und zum Beispiel auch den Unterschied zwischen ambulantem und stationärem Hospiz zu klären. Was braucht man Ihrer Meinung nach ganz besonders, um Hospizpate zu sein? Schweigert: Es ist wichtig, dass man verlässlich ist und einfach da ist, auch wenn es schwierig wird. Das ist für die Familien ganz besonders notwendig, dass sie das spüren. Ihr seid ein „gemischtes“ Patenteam. Gibt es viele Männer in diesem Ehrenamt? Eichler: Nein, wir sind als Männer klar in der Minderheit bei AMALIE. Aber es ist gut, dass man in der Familie auch mal zum Beispiel für die Väter als Gesprächspartner da sein kann, das bringt doch manchmal noch eine andere Perspektive mit. Wie haben Freunde und Familie reagiert, als sie von Ihrem Ehrenamt erfahren haben? Schweigert: In der Familie ganz unterschiedlich. Einige Freunde waren sogar regelrecht geschockt. Inzwischen gibt es aber www.kinderhospizdienst-bodensee.de, www.kinderhospizdienst-ravensburg.de 18 anstifter 1 | 2019

Schwerpunkt Alte Schlager vertreiben Unruhe Palliative Care für mehr Lebensqualität am Ende des Lebens Sterben und Tod sind für Margit Draxler etwas sehr Natürliches. Die Diplomsozialbetreuerin für Altenarbeit ist Wohnbereichsleiterin im Seniorenheim Tschermakgarten und stellvertretende Palliativbeauftragte. Seit November 2016 hat sie am zweijährigen Projekt „Hospizkultur und Palliative Care im Pflegeheim“ des Hospiz Vorarlberg teilgenommen. „Ich wollte lernen, fachlich noch besser damit umgehen zu können.“ „Die allermeisten Bewohner kommen heute schon mit einem palliativen Pflegebedarf zu uns ins Haus“, erklärt die stellvertretende Palliativbeauftragte. Die 90-jährige Agnes Furtwängler (Name geändert) zum Beispiel, die sich sprachlich nicht mehr artikulieren konnte und durch ihre starke Unruhe auffiel. „Bei ihrer Aufnahme ins Haus haben wir die Angehörigen nach früheren Wünschen und aktuellen Wohlfühlerfahrungen gefragt. Das ist Standard. Ihre Unruhe konnten wir uns zunächst aber dennoch nicht erklären“, gesteht Margit Draxler. Weil die Gefahr bestand, dass die ältere Frau aus dem Bett fiel, erhielt sie so genannte Bodenpflege, schlief also auf einer Matratze auf dem Boden. So konnte zwar nichts passieren, doch die Unruhe blieb. „Bei unseren Schulungen im Projekt Palliative Care ging es vor allem um ein bewussteres Hinschauen, Wahrnehmen und Einfühlen. Das war wohl auch der Impuls, der mich auf einen USB-Stick in ihrem Zimmer aufmerksam werden ließ. Und der Grund, warum wir ihn nach Rücksprache mit den Angehörigen geöffnet haben, mögliche Hintergründe zu seinem Inhalt beleuchtet und den weiteren Umgang im Team besprochen haben.“ Auf dem Stick war Tanzmusik: alte Schlager mit flottem Rhythmus. Jetzt ergab Agnes Furtwänglers Unruhe plötzlich Sinn. „Zwar hatten auch die Angehörigen den Hinweis auf eine frühere Musikbegeisterung gegeben, doch erst jetzt wurde uns klar, dass ihr insbesondere das Tanzen auch heute noch ein großes Bedürfnis war. Dass ihre auffälligen Schlafstellungen eigentlich Tänzerposen waren.“ Die Pflegenden ließen die Schlager nun immer wieder laufen und Agnes Furtwängler wippte mit ihrem Bein zur Musik. Ihre Unruhe hatte einen Rhythmus gefunden. „Es ist spannend, so etwas herauszufinden. Und toll, wenn wir die Lebensqualität verbessern können. Deshalb ist der intensive Austausch mit allen Beteiligten, dem Team, den Angehörigen und den Ärzten so wichtig.“ Neben dem Hinschauen, Wahrnehmen und Einfühlen sei auch das Ausprobieren Teil der Palliative Care. So könne man Sterbenden Getränke mit und ohne Alkohol, auch Eis in verschiedenen Geschmacksrichtungen auf einem „swap“ (Mundpflegepad) anbieten und aus ihrer Mimik lesen, was sie sich wünschen. „Das Projekt hat uns, das sechsköpfige Palliativteam, dafür sensibilisiert. Das geben wir im Team weiter.“ Als stellvertretende Palliativbeauftragte ist Margit Draxler zusammen mit dem Palliativbeauftragten Markus Rapp auch an der Weiterentwicklung der Pflegestandards im Haus beteiligt, schaut, dass diese eingehalten werden und bereitet die vierteljährlichen Sitzungen des Palliativteams vor. Nicht zuletzt pflegt sie den Kontakt mit dem Mobilen Palliativteam Hohenems, das den Pflegenden beratend zur Seite steht und bei Bedarf auch ins Haus kommt. „Wichtig ist, dass wir Hand in Hand arbeiten: Wir, das Palliativteam, mit allen Mitarbeitern im Haus, den Angehörigen, Sachwaltern, Betreuern, Hospizmitarbeitern und Ärzten. Um das Leben auch in der letzten Phase für jeden Einzelnen lebenswert zu machen.“ (ebe) Palliativpflege braucht Sensibiltät, weiß Margit Draxler (rechts) im Seniorenhaus Tschermakgarten. anstifter 1 | 2019 19

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